Die Gruppe Anakronos legt auf ihrem Debüt-Album musikalische Interpretationen von Gedichten aus einer irischen Handschrift des 14. Jahrhunderts vor.

Anakronos

Unge­wöhn­lich und reiz­voll

von Julia Hartel

20. August 2020

Die Gruppe Anakronos legt auf ihrem Debüt-Album musikalische Interpretationen von Gedichten aus einer irischen Handschrift des 14. Jahrhunderts vor.

Manche Werke muss man gedank­lich von ihrem Urheber trennen, um sie vorur­teils­frei betrachten zu können. So ist in der irischen Hand­schrift The Red Book of Ossory aus dem 14. Jahr­hun­dert eine Reihe unbe­streitbar kunst­voller geist­li­cher Gedichte über­lie­fert. Ihr Verfasser: der dama­lige Bischof Richard de Ledrede – derselbe Mann, der 1324 in die erste histo­risch belegte Hexen­ver­bren­nung anord­nete.

Auf ihrer Debüt-CD verbindet die Gruppe Anakronos de Ledredes Texte mit mittel­al­ter­li­cher Musik von , Jacob de Senle­ches, aus der Lieder­hand­schrift Chan­son­nier du Roi und anderen Quellen. Die so erschaf­fenen Lieder werden mit Elementen aus Jazz und zeit­ge­nös­si­scher Klassik kombi­niert und mittels moderner Instru­mente wie Klari­netten, Saxofon, Perkus­sion und Synthe­sizer inter­pre­tiert.

Die Sängerin Caitriona O'Leary vom Ensemble Anakronos
Wunderbar reine Stimme: Ensemble-Grün­derin und Sängerin Caitríona O’Leary
(Foto: © Tara Slye)

Das Ergebnis ist ebenso unge­wöhn­lich wie reiz­voll, wobei es in den lang­sa­meren Stücken mitunter etwas schwer­fällt, dem musi­ka­li­schen Geschehen zu folgen. Die tempo­rei­cheren Nummern hingegen wollen vom ersten Trom­mel­schlag an zum Mittanzen verführen. Beson­ders fesselnd: die wunderbar reine Stimme von Ensemble-Grün­derin und Sängerin Caitríona O’Leary. Gewidmet ist das Album übri­gens Petro­nilla de Meath – der Frau, die als erste angeb­liche Hexe dem Schei­ter­haufen zum Opfer fiel.