Anna Leyerer
Liszt erzählen
23. Februar 2024
Die Pianistin Anna Leyerer präsentiert sich erstmals mit einem Album. Sie debütiert mit Werken von Franz Liszt und Milij Balakirev – und wie!
Ein Debüt mit Liszt. Das kommt vor in der Klavierszene, ist aber immer auch eine Ansage. Denn wer sich mit pianistischen Werken des Tastengenies Franz Liszt (1811–1886) der Welt da draußen vorstellt, kann Klavier spielen und will es auch zeigen. Nun lässt also Anna Leyerer von sich mit Liszt hören. Und wie! Denn das Spiel der vielfach ausgezeichneten Pianistin nimmt gefangen. Sie entfaltet eine Kraft, die mehr ist als bloßes Virtuosentum. Leyerer erzählt Liszt. Das macht sie zunächst durch eine kluge Auswahl des Gebotenen. Hat zwei der „Douze Études d’exécution transcendante“ („Mazeppa“, „Wilde Jagd“) an den Anfang gestellt, führt mit vier Walzern, den „Valses oubliées“, zu zwei Opern-Reminiszenzen (an Mozarts „Don Giovanni“ und Verdis „Ernani“) und schließt diesen Kreis mit der „Romance oubliée“, einem weiteren der „vergessenen Stücke“ von Liszt, sowie der „Ungarischen Rhapsodie Nr. 6“. Letzteres ist eines dieser Werke, die von ihrer Anlage her schon nach Applaus rufen – musikalisch einnehmend, technisch höchst anspruchsvoll und mit einem unbändig lebhaften Finale. Anna Leyerer, die dieses Album im Bechstein-Kosmos des Wiener Ehrbar Saals eingespielt hat, gelingt es, die Atmosphäre eines Live-Erlebens in eine Aufnahme zu packen. Sie lässt Liszts Werke atmen, anrühren, aufwühlen, leben. Regelrecht unter die Haut geht die „Paraphrase de concert sur Ernani II“, deren tiefgründig-warme, facettenreiche Farbigkeit die Pianistin ungemein behutsam auszuloten vermag. Großes Kino.
Anna Leyerers „Zugabe“ ist ein Repertoire-Stück des Pianisten Franz Liszt: die orientalische Fantasie „Islamey“ von Milij Balakirev. Die Pianistin stellt sich auch diesem hoch anspruchsvollen Werk mit fast lässiger Souveränität. Ihr Album ist ein reifes Debüt. Ein Meilenstein auf einem künstlerischen Weg, der im russischen Penza begann, an die Anton-Bruckner-Universität im österreichischen Linz führte – und damit auch zu der prägenden Begegnung mit ihrem Lehrer und Mentor Michael Korstick. Mit ihm, heißt es im Booklet zur CD, arbeite sie weiterhin an der Verfeinerung ihres Klavierspiels. Die Reise geht also weiter!