App Neumz

Choral digital! Alle Grego­ria­ni­schen Gesänge in einer App

von Teresa Pieschacón Raphael

5. November 2020

In einer Benediktinerinnen-Abtei bei Aix-en-Provence wird der gesamte Gregorianische Choral aufgezeichnet. Bis Ende 2021 sollen rund 8.760 Gesänge eingespielt sein.

Aus dem Mittel­alter in die Welt der Digi­talen Revo­lu­tion: Die App Neumz wird den gesamten Grego­ria­ni­schen Choral für iOS und Android verfügbar machen. Seit März 2019 wird er in der Bene­dik­ti­ne­rinnen-Abtei Notre-Dame de Fidé­lité von Jouques in aufge­zeichnet.

Domine, labia mea aperies,
et os meum annuntiabit laudem tuam.
Herr, öffne meine Lippen,
und mein Mund wird dein Lob verkünden.

Hinein­hören in den Psalm unter: app​.neumz​.com

Etwa 8.760 Gesänge sollen es werden, über 7.000 CDs Musik, weit „mehr als Bach, Mozart und Vivaldi zusammen“, verrät Produ­zent John Anderson. Ab 29. November 2020 kann man sich die App herun­ter­laden. Denn dann öffnet sich Türchen eines digi­talen Advents­ka­len­ders mit kleinen Videos, frohen Botschaften und litur­gi­schem Gesang. Ein beson­deres Geschenk.

Benediktinerinnen-Abtei
Idyl­li­sche Abge­schie­den­heit in der Bene­dik­ti­ne­rinnen-Abtei Notre-Dame de Fidé­lité von Jouques

Der Weg zum Projekt war steinig: Den Ordens­schwes­tern war es anfangs nicht recht. Die Welt 4.0 passt nicht in ein Leben, das nach dem Regel­werk des heiligen Bene­dikt aus Nursia (540 n. Chr.) läuft. Ein Leben im Rhythmus von ora und labora, von beten und arbeiten, in Klausur, Keusch­heit und Gehorsam, streng getaktet bis um zwei Uhr früh. 

Achtmal täglich finden sich die Schwes­tern in einer Kapelle ein, singen und murmeln ihre Gebete: vom Morgenlob (Laudes) bei Sonnen­auf­gang um 7 Uhr über das Abendlob (Vesper) um 17:30 und dem Abend­gebet (Complet) um 20 Uhr bis hin zur Nacht­wache (Matutin) nach Mitter­nacht. Dazwi­schen die kleinen Stun­den­ge­bete: Terz (10:30 Uhr), Sext (12:45 Uhr) und die Non (14:45 Uhr) – der Über­lie­fe­rung nach der Todes­stunde Christi. Tag für Tag, zu jedem Fest, jedem Fest­kreis, Ostern und Weih­nachten über drei Jahre hinweg – so will es die litur­gi­sche Lese­ord­nung. 

Der Tages­ab­lauf der Nonnen folgt einem strickten Zeit­plan – und beinhaltet mehr als sechs Stunden Gesang täglich

Seit einein­halb Jahren nun wandern Psalmen, Hymnen, Cantica, die Messe-Gesänge des Graduale Romanum, dem Choralbuch, und die Offi­ziums-Gesänge des Anti­pho­nale über Google Drive von Jouques nach bis hin nach und Belfort, wo sie digital aufbe­reitet und musik­wis­sen­schaft­lich syste­ma­ti­siert werden. Etwa 370 Minuten pro Tag – voraus­ge­setzt die Schwes­tern haben das von Produ­zent Anderson einge­rich­tete Zoom F8 Gerät auf „record” gedrückt und alles auf SD-Karte gespei­chert. 

Die App Neumz

Im ameri­ka­ni­schen Kansas dann synchro­ni­siert ein Infor­ma­tiker die latei­ni­schen Audio­files mit ihren Über­set­zungen in Deutsch, Englisch, Fran­zö­sisch, Italie­nisch und Spanisch und setzt sie graphisch um in die von Franco von im 13. Jahr­hun­dert entwi­ckelte Quadrat­no­ta­tion. Dazu – farb­lich abge­setzt – Hinweise zur Quelle und dem litur­gi­schen Anlass. 

100.000 Besu­cher zählt Neumz bereits, von den bis Samoa. Über 5.000 News­letter-Abon­nenten und 2.500 Fans auf YouTube, die nebenher erfahren, dass diese „creepy“ Melodie, diese „vier Noten des Todes“, die sie aus Block­bus­tern wie The Shining oder A Clock­work Orange oder Star Wars kenneneigent­lich auf dem 800 Jahre alten Hymnus Dies Irae („Tag des Zorns“) basiert. 



Domine, labia mea aperies,
et os meum annuntiabit laudem tuam.
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Infos und Downloadmöglichkeit der App Neumz finden Sie hier