Johannes Maria Staud
Mit rubinrotem Schimmer
von Ruth Renée Reif
17. November 2022
Johannes Maria Staud ist Gast der Jubiläumskonzerte, mit denen das Boulanger Trio das zehnjährige Bestehen seiner Konzertreihe Boulangerie feiert.
Das Boulanger Trio feiert das 10. Jubiläum seiner Konzertreihe Boulangerie. Die Reihe verbindet Konzert und Salon miteinander. Konzipiert wurde sie als Hommage an Nadia Boulanger und ihre legendären Pariser Salons. Das Trio schlägt damit eine Brücke zwischen zeitgenössischer Musik und Werken des klassisch-romantischen Repertoires. Jede Veranstaltung ist einem Komponisten der Gegenwart gewidmet. Er ist während des Konzerts anwesend und spricht mit den Musikerinnen des Trios, der Pianistin Karla Haltenwanger, der Geigerin Birgit Erz und der Cellistin Ilona Kindtder, über sein Schaffen.
Gast der Jubiläumskonzerte ist der Komponist Johannes Maria Staud. Mit ihm verbindet die Musikerinnen eine langjährige Zusammenarbeit und Freundschaft. Staud war 2012 Gast im ersten Gesprächskonzert der Reihe, und im Auftrag des Trios komponierte er Terra fluida, das vom Trio uraufgeführt wurde. Inspiriert ist das Klaviertrio von dem Universalgelehrten Johann Joachim Becher, der zwischen der Alchemie des Mittelalters und der Chemie der Neuzeit vermittelte. Wie Staud in seinem Werkkommentar ausführt, habe Becher neue Ideen zur Beschaffenheit der Materie entwickelt. Die Erde sei für ihn das zentrale Element gewesen, und er habe sie in drei Grundsubstanzen Grundsubstanzen, die Terra vitrescibile, die Terra fluida und die Terra pinguis, unterteilt. Die terra Fluida verleihe den Stoffen Form, Gewicht und Geruch, sei dabei flüssig, fein und flüchtig. „Diese Theorie inspirierte mich zu einem irrlichternden Werk, das zwischen rascher, manischer Bewegung und klangvollem, durch geflüsterte Laute unterstützten, Innehalten oszilliert“, erläutert Staud. „Es ist dabei, ähnlich der Terra fluida, schwer zu greifen, auch wenn, oder gerade, weil es formal und von der Entwicklung seiner Grundbausteine her, streng, fast neoseriell gearbeitet ist.“
In der Jubiläumssaison stehen Stauds zehn Klavierminiaturen Für Bálint András Vargas auf dem Programm. Die Miniaturen, die nach Stauds Worten eine Dankeschön an seinen Mentor sind, „loten, formal gestrafft, ein Spektrum zwischen zart-verinnerlichten und entfesselt-explodierenden, wild-vorwärtsdrängenden und geschmeidig-pulsierenden Momenten aus“.
Mit ihrem Kammermusikpartner, dem Klarinettisten Sebastian Manz, bringen die Musikerinnen zudem Lagrein zur Aufführung. Staud schrieb es in Anlehnung an die gleichnamige Südtiroler Weinsorte: „Mitteltiefe, intensive, kirschrote Farbe mit rubinrotem Schimmer. Reiches, fruchtiges (Zwetschke), würziges Aroma mit Geruchsnoten von Leder, Teer und Kakao, aber auch floralen Nuancen (Veilchen). Voller, ziemlich milder Geschmack mit »erdigem« Nachhall und spürbarem Gerbstoff“, heißt es im Werkkommentar. „Das synästhetische Moment also, etwas, das ich eigentlich bisher beim Schreiben von Musik immer ausgeklammert habe, war nun bei diesem Stück das Movens, der Grundimpuls“, fügt Staud hinzu. Ebenfalls auf dem Programm stehen Mozarts Soave sia il vento aus Così fan tutte und das Trio KV 542.
Das Boulanger Trio gastiert mit seinem Staud-Mozart-Programm am 19. November 2022 in der Villa Elisabeth in Berlin und am 20. November 2022 im resonanzraum St. Pauli in Hamburg.
Weitere Auftrittstermine und Informationen auf: www.boulangertrio.com