Sauhund: Elias Krischke, Edmund Telgenkämper

"Sauhund" an den Münchner Kammerspielen

Lust- und leid­voller Weg

von Antoinette Schmelter-Kaiser

7. Juni 2025

Die Uraufführung „Sauhund“ an den Münchner Kammerspielen begleitet Florian auf seiner Selbstfindung in der Münchner Schwulen-Szene. In den Hauptrolle eines packend-persönlichen Stücks überzeugen Nachwuchstalent Elias Krischke, Annette Paulmann und Edmund Telgenkämper.

Seine ersten Erfah­rungen mit einem befreun­deten Schreiner sind eher unschön. Trotzdem spürt Florian, dass ihn Männer anziehen. Um das auszu­leben, zieht es den Anfang­zwan­ziger aus der Enge des Tölzer Lands ins welt­of­fe­nere München. Hier taucht er in die schwule Szene ein, die sich in den 1980er Jahren rund um den Gärt­ner­platz etabliert: lernt Lieb­haber in Disko­theken wie dem Miss Henderson kennen und schnellen Sex in Herren­toi­letten, verliert sich im Nacht­leben und landet auf der Straße sowie in Stri­cher­lo­kalen, weil ihn seine enttäuschte Freundin Theresa nicht länger durch­füt­tern will. Zu sich selbst findet er erst dank der Hilfe des Trans­ves­titen Miguel, der Florian auf seinem Sofa schlafen lässt und ihn animiert, Frau­en­kleider anzu­ziehen. Noch mehr Nähe erlebt er mit Jakob. Doch der ist unheilbar aids­krank und kann kein Teil von Florians Leben bleiben – auch wenn sich der nichts mehr wünschen würde.
In einer Urauf­füh­rung an den Münchner Kammer­spielen zeichnet Regis­seur Florian Fischer den lust- und leid­vollen Weg von Florians Suche nach. Auf Basis des Debüt­ro­mans „Sauhund“ von Lion Christ hat er die gleich­na­mige Bühnen­fas­sung im Team mit Ludwig Abraham (Konzept und Musik), Tobias Schuster, Hanna Baumann und den drei Prot­ago­nisten erar­beitet. Letz­tere erzählen als Kunst­griff gleich­zeitig die Hand­lung des Romans aus der Ich-Perspek­tive und verkör­pern die jewei­ligen Rollen: Elias Krischke ist Florian, Annette Paul­mann spielt alle Frauen- und Edmund Telgen­kämper sämt­liche Männer­fi­guren –bis auf Fotos und Videos auf einer raum­hohen Wand ohne jegliche Beiwerk auf der Bühne.
Nach­wuchs­ta­lent Krische steht seinen erfah­renen Bühnen­part­nern um nichts an Präsenz, Wandel­bar­keit und Inten­sität nach, Orts­wechsel und Zeit­sprünge werden von allen drei mit mini­malem Aufwand mühelos gemeis­tert. Ledig­lich der arti­fi­ziell wirkende baye­ri­sche Akzent sorgt für ein kleines Stör­ge­fühl. Am Ende eines packend-persön­li­chen Abends gibt es großen Applaus vom Premie­ren­pu­blikum, in dem Vete­ranen der Münchner Schwu­len­szene wie Deut­sche Eiche-Besitzer Dietmar Holz­apfel sitzen. Vielen von ihnen ist Floris Geschichte sicher aus eigener Erfah­rung vertraut.

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Weitere Aufführung: 11.6., 28.6., 3.7., 23.7., 27.7. https://www.muenchner-kammerspiele.de/de/programm/32924-sauhund
Fotos: Armin Smailovic