Durs Grünbeim

Fremdes aus gebun­dener Prosa

von Roland H. Dippel

19. Februar 2023

Der Büchner-Preisträger Durs Grünbein streift in seinem Band »Äquidistanz« durch Zeiten und Räume.

Äqui­di­stanz des Büchner-Preis­trä­gers besteht aus zwei sich verschrän­kenden Motiv-Bögen. Im ersten Teil werden Orte und Bilder von diesen in Doku­menten und in den Köpfen zu Erkun­dungen aus Worten verdichtet. Durs Grün­bein nimmt Vergan­gen­heits­spuren als kühle Anre­gungen, sich zu erin­nern, vor allem in Berlin, das Grün­beins lite­ra­ri­schen Gebilden weder Staunen noch eine essen­zi­elle Präsenz abge­winnen kann. Nach dem distan­zierten poeti­schen Stadt­lauf mit Abste­chern an andere Orte geht es um Phäno­mene, die uns in der medialen, mobilen und wirt­schaft­li­chen Flui­dität die Bezüge zum Selbst und den Emotionen abschneiden. Grün­bein schreibt kris­tal­line, gebun­dene Prosa. Äqui­di­stanz ist deshalb mehr als der Titel des finalen Beitrags und wird zum program­ma­ti­schen Akti­ons­prinzip des Autors: Nur keine zu inten­sive Empa­thie für das, was das lyri­sche Ich aufgreift und spie­gelt! Wie es mit Gefühlen aussieht, erfahren Lesende in der Mitte des Bands. Dort erreicht der Lyriker den Gegenpol zur sach­li­chen Nüch­tern­heit. Aber gene­rell ist die emotio­nale Distanz groß.

Fotos: Tineke de Lange