Henriette Nagel in "Glaube, Liebe, Roboter"

"Glaube Liebe Roboter" Münchner Volkstheater 25.9.25

(K)ein Triumph der Technik

von Antoinette Schmelter-Kaiser

26. September 2025

Am Münchner Volkstheater hatte „Glaube Liebe Roboter“ Premiere: ein schrilles Stück von Bonn Park frei nach Ödön von Horváth rund um unser gespaltenes Verhältnis zur Zukunft.

Das Setting ist eine Art Schalt­zen­trale in deut­li­chem Durch­ein­ander: mehrere Schreib­ti­sche mit Compu­tern, ein Regal voller Fächer mit Plas­tik­herzen und ‑schä­deln, ein Anatomie-Torso mit heraus­nehm­baren Organen, ein über­di­men­sio­nales Tor, drei große Glas­vi­trinen mit gruse­ligen Gestalten. Eine davon beginnt sich zu bewegen, tritt auf die Bühne, iden­ti­fi­ziert sich selbst als Roboter, singt live einen Schla­ger­ver­schnitt und hilft dann dem dazu­kom­menden Ober­prä­pa­rator (gekonnt kauzig: Steffen Link), beim Aufräumen. Ordnung, Kontrolle und Pflicht­er­fül­lung sind nämlich hier im anato­mi­schen Institut oberstes Ziel – als Gegen­ge­wicht zur bedroh­lich-unüber­schau­baren Welt außer­halb des Raums. Symbo­li­siert wird diese durch einen andau­ernden Schnee­sturm. Er umtost alle Besu­cher, die sich durch lautes Klopfen ankün­digen und durch das impo­sante Tor herein­ge­lassen werden.
Eine von ihnen ist Elisa­beth. Die junge Frau will ihre zukünf­tige Leiche für 150 Mark dem anato­mi­schen Institut verkaufen, weil sie arm ist und das Geld für einen Wander­ge­wer­be­schein braucht; ihr Leid klagt sie in einem einlul­lenden Rede­schwall. Ein paar Szenen später wird ihr Körper in einem Post­paket gelie­fert und sofort zu einem neuen Roboter umope­riert. Was zunächst wie ein Triumph der Technik scheint, entgleist nach einem System­crash. Resultat sind zuneh­mendes Chaos und letzt­end­lich ein Rollen­tausch zwischen Menschen und Robo­tern, die das Kommando über­nehmen.
„Frei nach“ bedeutet in Bonn Parks Insze­nie­rung „Glaube Liebe Roboter“ am Münchner Volks­theater, dass er zwar Elemente aus Ödön von Horváths Volks­stück aufgreift, aber ansonsten mit viel künst­le­ri­scher Frei­heit und Phan­tasie unser derzei­tiges Verhältnis zur Zukunft im Span­nungs­feld zwischen Sehn­sucht nach Perfek­tion und Dystopie unter­sucht. Sprache und Bewe­gungen aller Prot­ago­nisten – egal ob Mensch oder Roboter – sind bewusst arti­fi­ziell ange­legt, die Kostüme (Laura Kist) comic­artig und schrill über­zeichnet. Auch die Lied-Einlagen bis hin zum Abschluss­chor sorgen immer wieder für Lacher. Das Thema Zukunfts(un)glaube ist aber durchaus ernst zu nehmen.

Fotos: Arno Declair