düsseldorf festival!
Grenzerfahrungen
von Ruth Renée Reif
19. September 2019
Von 11. bis 30. September 2019 bietet das düsseldorf festival! Künstlern eine Bühne, die die Grenzlinien zwischen den Kunstformen erkunden.
Ein plötzlich auftauchendes Fragment des Gilgamesch-Epos inspirierte Akram Khan zu seinem Tanzstück Outwitting the Devil (Den Teufel überlisten, Bild oben, © Jean Louis Fernandez). Schmuggler boten 2011 dem archäologischen Museum von Sulaimaniyya eine Tontafel an, auf der Wissenschaftler 20 bislang unbekannte Zeilen jener ältesten festgehaltenen Dichtung der Menschheit fanden.
Khan richtet in seiner Choreografie den Blick von Heute auf den Fund. Er zeigt Menschen, die zwischen den Scherben ihrer Überlieferung leben, gefallenen Götterbildern und zerbröckelnden Tontafeln. Verzweifelt versuchen sie, die Lücke in ihrem Gedächtnis zu schließen. Zeitgenössische Tanzformen verbindet Khan mit dem nordindischen Kathak. Dieser Tanz, der stampfend in den Boden hineingetanzt wird und sich durch eine ausgefeilte Fußarbeit auszeichnet, ist eng mit dem Mythos verbunden. Er entwickelte sich ab dem 13. Jahrhundert in Zusammenhang mit der so genannten Bhakti-Bewegung, die Erlösung durch Liebe propagierte und das Ideal der Gewaltlosigkeit im Hinduismus erneuerte.
Mourad Merzouki und seine Compagnie
Käfig verbinden den Tanz mit zirzensischen
Elementen (©Laurent PhilippeI).
Khan zeigt sein Stück mit seiner Compagnie beim düsseldorf festival!, das Künstlern eine Bühne bietet, die die Grenzlinien zwischen den Kunstformen erkunden. Zu den Gästen gehören auch Mourad Merzouki und seine Compagnie Käfig mit Vertikal. Bevor Mourad Merzouki sich dem Tanz zuwandte und den Hip-Hop für sich entdeckte, besuchte er eine Zirkusschule. In seiner Kreation Vertikal, die den Raum und die Schwerelosigkeit erkundet, verbindet er den Tanz mit zirzensischen Elementen. Wie Artisten hängen die Tänzer seiner 1996 ins Leben gerufenen Kompanie Käfig kopfüber und kopfunter an Seilen. Das Hängen schaffe Freiheit und Beschränkung, erläutert eine Tänzerin. Es erlaube Bewegungen, die beim Tanz auf dem Boden niemals möglich wären, aber es behindere auch gewisse Bewegungen. Aus diesem Zusammenwirken von Freiheit, der rauen Energie des Hip-Hop und der bewussten Beschränkung schuf Merzouki seine Choreografie. Im Rahmen des Düsseldorfer Festivals ist sie zum ersten Mal in Deutschland zu sehen.
Weitere Informationen: www.duesseldorf-festival.de