Celviano Grand Hybrid-Piano
Was können die neuen „Flügelzwitter“?
von Corina Kolbe
6. März 2017
In Berlin war das Celviano Grand Hybrid-Piano von Casio erstmals in einem Sinfoniekonzert zu hören.
In Berlin war das Celviano Grand Hybrid-Piano von Casio erstmals in einem Sinfoniekonzert zu hören.
Auf einem echten Konzertflügel zu spielen, bleibt für Amateurpianisten meist ein unerfüllter Traum. Für das Geld kriegt man locker einen Mittelklassewagen. Die Wohnung ist zu klein. Und dann sind da noch die Nachbarn, die ihre Ruhe haben wollen. Für solche Fälle hat der japanische Elektronikriese Casio ein gemeinsam mit C. Bechstein entwickeltes Hybrid-Digitalpiano zu bieten. Einem akustischen Flügel soll es in Klang, Haptik und Spielerlebnis täuschend nahe kommen. Kann ein solches Instrument, das mit einer Hammermechanik, aber ohne Saiten ausgestattet ist, diesen hohen Ansprüchen tatsächlich gerecht werden? Selbst Profis wie der britische Pianist Benjamin Grosvenor zeigen sich bereits von der Qualität überzeugt. Im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie hat Casio sein Vorzeigeinstrument jetzt einem Praxistest vor Publikum unterzogen.
Zum ersten Mal, so versprachen es die Veranstalter, kam das Hybrid-Piano hier bei einem Sinfoniekonzert zum Einsatz. Der japanische Pianist Haruka Kuroiwa spielte mit der Neuen Preußischen Philharmonie unter Leitung von Thomas Hennig Mozarts Klavierkonzert Nr. 23 in A‑Dur zunächst auf einem originalen Bechstein-Konzertflügel. Den dritten Satz wiederholte er dann auf dem Celviano-Piano. Das Ergebnis dürfte sogar Skeptiker positiv überrascht haben. Vor allem in höheren Lagen schafft es Celviano, mit einem besonders klaren und brillanten Klang zu punkten. Im zweiten Programmteil war das Piano in eine Aufführung von Mahlers Lied von der Erde in der Kammermusikfassung von Arnold Schönberg integriert. Als Gesangssolisten waren die Mezzosopranistin Gundula Hintz und der Tenor Vincent Wolfsteiner zu erleben.
Vor dem Konzert demonstrierte die italienische Pianistin Irene Veneziano in der schallarmen Akustik des Foyers die Finessen des Instruments. Dessen Tastatur besteht wie bei einem Bechstein-Flügel aus Fichtenholz. Die Töne werden jedoch elektronisch erzeugt. Mit Hilfe eines akustischen Simulators wird die Resonanz der Saiten und des gesamten Klangkörpers eines Flügels reproduziert. Wie bei einem traditionellen Klavier kann der Spieler den Klang durch ein Dämpferpedal verändern. Sechs eingebaute Lautsprecher sollen einen möglichst authentischen Flügel-Sound erzeugen. Veneziano zeigte auch, wie mit dem so genannten „Hall Simulator“ die Akustik bekannter Spielstätten nachgeschaffen werden kann. Von den vorgestellten Beispielen „Berlin Grand“, „Hamburg Grand“ und „Vienna Grand“ konnte insbesondere die Wiener Variante durch einen warmen, ästhetischen ansprechenden Klang überzeugen.
Ohne Frage kann und soll selbst ein Hybrid-Piano mit einer so ausgefeilten Technik keinen herkömmlichen Konzertflügel ersetzen. Für den Hausgebrauch bietet es jedoch Vorteile. So kann der Pianist theoretisch auch nachts üben, weil er das Instrument stummschalten und sein Spiel über Kopfhörer kontrollieren kann. Durch die Funktion „Concert Play“ hat er zudem die Möglichkeit, sein Können als Solist in Klavierkonzerten zu erproben. Zu ausgewählten Werken lässt sich die vollständige Orchesterbegleitung zuschalten. Bei der schwarz polierten Celviano-Luxusausführung GP-500BP kann der Klang außerdem speziell auf Klavierstücke eines bestimmten Komponisten eingestellt werden. Selbst der ambitionierteste Anfänger wird aber auf dem Celviano nicht aus dem Stand ein Mozart-Konzert spielen können. Im besten Fall kann die Motivation zum Üben gestärkt werden. Preislich bewegen sich die Grand Hybrid-Modelle, die nicht gewartet und gestimmt werden müssen, in etwa auf dem Niveau akustischer Klaviere im Einsteigerbereich.