Jan Schmidt-Garre

Nur wer sich voll­kommen hingibt, wird gewinnen!

von Christoph Schlüren

17. Juni 2022

»Suche nach dem heiligen Feuer des Gesangs« lautet der Untertitel des neuen Films »Fuoco Sacro« des deutschen Regisseurs Jan Schmidt-Garre. Gefunden hat er es bei den Sängerinnen Asmik Grigorian, Barbara Hannigan und Ermonela Jaho.

Es ist eine kleine Sensa­tion, nein, eigent­lich eine große, wie In seinem neuesten Film Fuoco Sacro drei über­ra­gende Sopra­nis­tinnen unserer Zeit porträ­tiert, die unter­schied­li­cher kaum sein könnten: , und . Und tatsäch­lich gelingt ihm ein kleines Wunder: Auf der gemein­samen Ebene der Musik stellt er zu den Prot­ago­nis­tinnen und ihrem Tun, ihrer Arbeits­weise, ihren Emotionen eine Nähe her, die atem­be­rau­bend und zugleich so sehr an der Sache selbst inter­es­siert ist, dass sich der Zuschauer keinen Moment lang wie ein Voyeur fühlt – alles wird preis­ge­geben, und zugleich kein biss­chen zu viel.

Neben echten musi­ka­li­schen Höhe­punkten wie den Auftritten Ermo­nela Jahos in Suor Ange­lica (in der Probe an der Baye­ri­schen Staats­oper mit Kirill Petrenko), Asmik Grigo­rians als Salz­burger Salome oder Barbara Hannigans mit dem bereits vom Tode gezeich­neten, tran­szen­dent am Klavier musi­zie­renden Rein­bert de Leeuw in Gesängen von Erik Satie erforscht der Film vor allem das Geheimnis hinter dem großen Gesang. Hier hat Jan Schmidt-Garre eine beson­ders außer­ge­wöhn­liche Idee umge­setzt: Alle drei Sänge­rinnen hören sich die Musik, in der sie so voll­kommen mit ihrer Rolle verschmolzen sind, noch einmal an und äußern während­dessen, was in ihnen vorgeht, wenn sie sich in die Realität der Auffüh­rung zurück­ver­setzen. Eine simu­lie­rende Reka­pi­tu­la­tion also – ein metho­disch meis­ter­hafter Schachzug, der dem Zuschauer das Innen­leben großer Sänger mit außer­ge­wöhn­li­cher Nähe vermit­telt.

Trailer zum Film Fuoco Sacro von Jan Schmidt-Garre

CRESCENDO: Wie fühlten Sie sich, als Sie Ihre eigene Aufnahme mit Kopf­hö­rern und geschlos­senen Augen kommen­tierten?

Barbara Hannigan: Es war wirk­lich außer­ge­wöhn­lich, es noch einmal zu erleben, noch einmal zurück­zu­gehen in diese Zeit. So etwas macht man ja norma­ler­weise nicht. Ich konnte alles noch einmal in meinem Körper fühlen. Ich hörte es, aber eigent­lich hörte ich nicht – ich spürte es.

Ermo­nela Jaho: Mir ging es genauso. In der Musik und durch die Musik über­trage ich meine Gefühle – Musik ist Therapie für die mensch­liche Seele. Es war eine hypno­ti­sche Situa­tion, der Frei­heit der Seele in dieser für mich so ergrei­fenden emotio­nalen Musik von Puccinis Suor Ange­lica noch einmal beiwohnen zu können.

Wir haben dieses Expe­ri­ment sogar zwei Mal gemacht – beim ersten Mal war es für mich zu emotional, und ich musste tatsäch­lich weinen. Ich habe mir dann wieder verge­gen­wär­tigt, dass diese hypno­ti­sche Kraft der Musik der Schlüssel ist, mein ganzes Wesen zu öffnen und mich mit dem Publikum zu verbinden. Nur wenn sie aus tiefster Seele kommt, kann ich die Zuhörer fesseln, ganz egal, ob sie klas­si­sche Musik mögen oder Opern­lieb­haber sind. Und natür­lich gilt das nicht nur für die Stimme, sondern auch für das instru­men­tale Spiel und fürs Diri­gieren.

Tatsäch­lich ist es ganz schön kompli­ziert, eine Sängerin zu sein: Wir sind im Grunde gequälte Seelen, die sich alles erkämpfen müssen, und dieser Kampf und die Verletz­lich­keit nehmen kein Ende. Und es hat mich sehr glück­lich gemacht, zu sehen, wie es Barbara und Asmik bei diesem Expe­ri­ment erging, wie viel Gemein­sam­keit da ist. Ja, es war für mich tatsäch­lich so etwas wie eine Therapie, für diesen Film alles noch einmal aufzu­ar­beiten. Die Idee von Jan erwies sich als fantas­tisch, uns in diesen Sessel zu setzen und die Musik noch einmal erleben zu lassen, die Musik selbst durch uns spre­chen zu lassen. Es hat mir eine ganz neue Dimen­sion geschenkt.

Asmik Grigo­rian: Ich habe ganz authen­tisch das Ganze noch einmal durch­leben können – alles, was mir während so eines Auftritts durch den Kopf schießt in der Losge­las­sen­heit des Moments. Man darf keine Hemmungen haben, alles, was die Authen­ti­zität fördert, in dem Moment auch zuzu­lassen. Jan hat das exzel­lent einge­fä­delt.

Jan Schmidt-Garre

»Alle drei sind furcht­lose Frauen, Grenz­gän­ge­rinnen. Deswegen sind sie so gut.«

Herr Schmidt-Garre, wie erging es Ihnen als Regis­seur, nachdem Sie diese unge­wöhn­liche Vorge­hens­weise vorge­schlagen hatten?

Jan Schmidt-Garre: Alle drei sind furcht­lose Frauen, Grenz­gän­ge­rinnen. Deswegen sind sie ja auch so gut. Wenn man sie heraus­for­dert, wie ich das mit diesen Séancen gemacht habe, nehmen sie das mit vollem Einsatz an. Inter­es­sant ist, wie unter­schied­lich sie die Situa­tionen dann erlebt haben. Barbara hat ihre Aufnahme eher von außen betrachtet, während Ermo­nela so tief einge­stiegen ist, dass Kind­heits­er­in­ne­rungen hoch­ge­kommen sind und sie zum ersten Mal verstanden hat, warum die Figur der Ange­lica ihr so nahe ist. Asmik Grigo­rian hingegen zeigt viel­leicht am realis­tischsten, was auf der Bühne wirk­lich in ihr abläuft, nämlich ein stän­diges Hin und Her zwischen der Iden­ti­fi­ka­tion mit der Figur – „Ich verachte dich, Joch­a­naan, du Stück Scheiße!“ – und Kontrolle des Instru­ments – „Rücken! Atmen, atmen, atmen!“.

Wie sind Sie auf die Zusam­men­stel­lung der drei Prot­ago­nis­tinnen gekommen?

Jan Schmidt-Garre: Ich habe Ermo­nela Jaho während einer Auto­fahrt zufällig im Radio gehört und war erschüt­tert von dieser Stimme. Da war eine Verletz­lich­keit und Mensch­lich­keit, wie ich sie eigent­lich nur von der Callas kannte. Und von Carla Gavazzi, einer wunder­baren Sängerin, die in meinem Film Opera Fanatic vorkommt und auf die ich mich auch in Fuoco Sacro beziehe. Zu Hause ange­kommen habe ich sofort recher­chiert, YouTube-Videos ange­sehen und sie dann live in London erlebt, als Butterfly in Covent Garden. Mein erster Gedanke in Rich­tung Film war gar kein raffi­niertes Konzept, sondern einfach nur der Wunsch, ganz viel Gesang von ihr aufzu­nehmen und zu veröf­fent­li­chen, damit auch andere dieses Wunder erleben können.

Als ich dann tiefer einge­stiegen bin, wurde mir klar, dass das kein Portrait werden sollte, sondern ein Film über diese extrem seltenen Grenz­über­schrei­tungen, nach denen wir letzt­lich suchen, wenn wir ins Theater gehen. Aber mir war klar, dass es keine zweite Jaho gibt. Dass es aber eine Sängerin gibt, die über dieselben Grenzen geht, obwohl sie in jeder Hinsicht das Gegen­teil der Jaho ist, das wusste ich, nämlich Barbara Hannigan. Sie war die einzige, an die ich sofort denken musste. Sie ist intel­lek­tuell, reflek­tiert, expe­ri­men­tier­freudig, gera­dezu sport­lich im Austesten und Ausweiten der eigenen Mittel. Mir war schnell klar, dass diese zwei Frauen irgendwie in denselben Film gehören, aber wie sollte das gehen? Ich wollte sie ja nicht gegen­ein­ander ausspielen, und selbst jetzt, wo ich das erzähle, ist die Vorstel­lung einer derart falschen Eska­la­tion einfach grau­en­voll.

Das ist also der Grund, warum ich noch jemanden dazu nehmen wollte, einen männ­li­chen Sänger viel­leicht, aber ich kannte keinen mit dieser Kraft. Und dann hörte ich von den Proben in Salz­burg und von der Sängerin der Salome, Asmik Grigo­rian. Die sei zugleich antike Tragödin und Mensch von heute, text­treu und total frei, Teen­ager und Frau. Und da hatte ich die Konstel­la­tion, von der ich glaubte, dass sie funk­tio­nieren würde.

Barbara Hannigan
Barbara Hannigan: „Wir sind Schwes­tern in einer spiri­tu­ellen Dimen­sion, die mit Körper, Geist und Seele den Klang formen.“

Wie erging es Ihnen, Frau Hannigan, als Sie unlängst den Film zum ersten Mal sahen und neben sich die beiden Kolle­ginnen hörten? Wie sehr finden Sie sich in den anderen wieder?

Barbara Hannigan: Es ist mit beiden eine Art Co-Reso­nanz. Ich denke, dass mir das keines­wegs mit allen Sängern so ergeht. Es ist diese tiefe Verbin­dung, die ich die animale nenne, und es gibt Sänger, mit denen man einfach reso­niert. Klar, was den einen Zuhörer bewegt, mag den anderen kalt lassen. Und manche bekommen Angst, wenn sie eine derart authen­ti­sche Emotio­na­lität hören, und flüchten sich in Skepsis und Abwehr. Auch die Kritiker sind da gespalten.

Natür­lich gibt es das auch beim Instru­men­tal­spiel. Und doch gibt es da, weil es ja schon rein körper­lich indi­rekter ist, keine so extreme Pola­ri­sie­rung. Jeden­falls erlebe ich, wenn ich Ermo­nela oder Asmik zuhöre, wie wir Teil etwas Glei­chen sind. Wir sind sozu­sagen Mitglieder im selben kleinen Club.

Jan Schmidt-Garre: Platinum Member­ship…

Barbara Hannigan: Defi­nitiv, ja. Wobei wir ja auch deshalb da sind, weil wir nicht aufge­geben haben. Der Stress ist so extrem und die emotio­nale Hingabe so fordernd, und oft sind es gerade die sehr ausdrucks­vollen Sänger, die den Beruf nicht so lange durch­stehen und ihr Poten­zial nicht entfalten können.

Asmik Grigorian
Asmik Grigo­rian:Es gibt keine Trenn­linie zwischen mir und dem Charakter, den ich verkör­pere.

Asmik Grigo­rian: Für mich ist jedes Mal ein erstes und letztes Mal. Es könnte alles geschehen, ich könnte unter­gehen oder trium­phieren. Ich kann mich nur mit maxi­maler Diszi­plin vorbe­reiten, mit allen auch außer­ge­wöhn­li­chen, oftmals spon­tanen Mitteln, die mir zur Verfü­gung stehen. Alles, was kommt, auch das Uner­be­tene, dient der Vorbe­rei­tung. Es ist eine bedin­gungs­lose Bereit­schaft, zu lernen und zu inte­grieren.

Barbara Hannigan: Imstande zu sein, eine derart extreme Konzen­tra­tion zu entfalten wie Ermo­nela in Suor Ange­lica oder Asmik als Salome, diesen totalen Fokus zu mani­fes­tieren – vor der Kamera, inmitten einer szeni­schen Situa­tion –, in diesem Moment also so konsis­tent zu sein: Genau da spüre ich, womit ich reso­niere. Ich hatte den Schlüssel dazu nicht immer in Händen gehabt. Wir alle sind durch Krisen gegangen. Aber dann kommt dieser eine Punkt, den man durch­dringt und wodurch sich ein konstanter Zugang des eigenen Wesens zur Musik einstellen kann – das ist so selten! Als ich verstanden hatte, was es bedeutet, dass Jan uns in diesem Film zusam­men­ge­bracht hat, war mir klar, dass das eine ziem­liche Heraus­for­de­rung ist.

Ermo­nela Jaho: Ganz ehrlich, als Jan mir den Link zum Film schickte, wollte ich ihn zuerst gar nicht ansehen. Ich dachte: Oh Gott! Wenn ich etwas falsch gemacht, etwas Falsches gesagt habe? Aber dann habe ich mir selbst Mut gemacht und mir selbst gesagt: „Gut, dann lass es mich raus­finden.“ Und es hat mein Selbst­be­wusst­sein gestärkt. Barbara hat so anschau­lich über den Druck gespro­chen, unter dem wir als „Hoch­leis­tungs­künstler“ stehen. Manchmal ist es kaum zu ertragen, auf die Bühne zu gehen, um vor all den Leuten zu singen, die darüber urteilen. Oft war es so schlimm, dass ich mir dachte: „Jetzt ist es genug.“ Musik ist ein Trigger, und sie kann eben auch zur Qual werden.

Ermonela Jaho
Ermo­nela Jaho: „Wir offen­baren uns in jeder Auffüh­rung, mit allem – Licht und Schatten.“

Als ich den Film ansah, war damit eine wich­tige Erkenntnis verbunden: Es ist keine Schande, verletz­lich zu sein. Es bedeutet im Gegen­teil, stark zu sein. Natür­lich muss man dafür seinen Preis zahlen. Aber es hat mich darin bestä­tigt, diesen Weg weiter­zu­gehen. Mögli­cher­weise wirkt es über­emo­tional. Aber ich glaube, für mich ist es die einzige Art und Weise, wie ich mich authen­tisch ausdrü­cken und mit meinen Möglich­keiten verbinden kann.

Ich kann Jan nur danken für seine wunder­bare Arbeit. Und wenn ich Asmik und Barbara erlebe, dann sind sie wie Schwes­tern für mich. Jan hat uns bedin­gungslos unter­stützt und unsere Sensi­bi­lität sichtbar gemacht – ja, er ging sogar noch weiter: Er war in diesem Film ein Spiegel unserer drei Seelen, und er hat die Wahr­haf­tig­keit unseres Wirkens einge­fangen.

Barbara Hannigan: Ja, wir sind irgendwie wirk­lich wie Schwes­tern, es ist wahr – Schwes­tern in einer spiri­tu­ellen Dimen­sion, die mit Körper, Geist und Seele den Klang formen. Eigent­lich ist es eben kein Élite-Club, sondern diese tiefe innere Verwandt­schaft. Das kommt auch beim Anhören unserer eigenen Aufnahmen unmiss­ver­ständ­lich zum Ausdruck.

Jan Schmidt-Garre

»Am Ende wünsche ich mir, dass die Zuschauer weinen«

Herr Schmidt-Garre, inwie­weit haben sich Ihre Erfah­rungen als Opern­re­gis­seur auf Fuoco Sacro ausge­wirkt?

Jan Schmidt-Garre: Opern insze­niere ich erst seit zehn oder zwölf Jahren, Filme mache ich schon viel länger Filme. Aber es kann schon sein, dass die weib­li­chen Figuren, die ich insze­niert habe, eine Auswir­kung auf Fuoco Sacro hatten. Ich habe meine Prot­ago­nis­tinnen in der Oper immer sehr stark gemacht. Sie sind bei mir eigent­lich immer die Haupt­fi­guren, ob das Manon ist oder Arabella oder die Gräfin im Figaro oder sogar Mari­etta in der Toten Stadt, einer Oper mit einem schreck­lich reak­tio­nären Frau­en­bild. Mir fällt gerade ein, dass ich schon bei meinem ersten Studen­ten­film Ärger mit dem männ­li­chen Haupt­dar­steller hatte. Das war eine Verfil­mung der Liebes­szene aus Verdis Otello. Und der Otello fragte irgend­wann wütend: „Heißt die Oper etwa Desde­mona?“ In meiner aller­liebsten Insze­nie­rung, im Fidelio habe ich die Leonore sogar die gesamte Oper hindurch auf der Bühne sein lassen, sodass sie alles mitbe­kommt und alles durch sie hindurch­geht.

Und anders herum? Gibt es Rück­wir­kungen von Fuoco Sacro auf die Opern?

Jan Schmidt-Garre: Bei den Dreh­ar­beiten war es für mich sehr inter­es­sant, die Opern­proben jetzt aus der Perspek­tive der Sänge­rinnen zu erleben. Mir wurde klar, dass das meiste von dem, was die Regis­seure auf den Proben so erzählen, an ihnen – zumin­dest wenn sie so begabt sind wie die drei im Film – vorbei­geht. Sie schöpfen aus ganz anderen Quellen. Kurze präzise Hinweise reichen.

Was wären die zentralen Botschaften von Fuoco Sacro, also die, die beim Zuschauer idea­ler­weise ankommen könnten?

Jan Schmidt-Garre: Nur wer sich voll­kommen hingibt, ohne Reserve, ohne doppelten Boden, wird gewinnen! Was wir ja eigent­lich aus aller großen Kunst wissen. Und so ist es auch hier. Das teilt sich mit, glaube ich. Ich selbst habe keine inhalt­liche Botschaft, aber, wie bei all meinen Arbeiten, den Wunsch, dass die Zuschauer sich tiefer mit Kunst ausein­an­der­setzen, dass sie sich öffnen und wirk­lich berühren lassen. Der Film will nicht unter­richten, er will Dinge erlebbar machen. Und am Ende wünsche ich mir immer, dass die Zuschauer weinen!

Frau Grigo­rian, wie ergeht es Ihnen, wenn das Publikum Sie feiert?

Asmik Grigo­rian: Es gibt keine Trenn­linie zwischen mir und dem Charakter, den ich verkör­pere. Inso­fern sind wir es, die das tun. Ich habe das Glück, mich so intensiv mit dem Publikum verbinden und das perma­nent fühlen zu können. Am Ende spüre ich die Wirk­lich­keit des ganzen Abends, diese ganze Energie, die wir geteilt haben. Sie haben sie empfangen. Und ich konnte etwas bewegen. Ich habe ihre Herzen bewegt. Das ist meine größte Freude.

Ich arbeite seit jeher mit maxi­maler Liebe und Energie werde das natür­lich auch weiterhin tun. Der große Erfolg der letzten Jahre hat mir darüber hinaus mehr Frei­heit gegeben, die Dinge machen zu können, die ich machen will, und die nicht zu machen, die ich nicht machen will. Das bringt natür­lich auch mehr Verant­wor­tung mit sich. Heute arbeite ich mehr denn je und versuche, die Grenzen zu erwei­tern – auch meine eigenen.

Ermo­nela Jaho: Wir offen­baren uns in jeder Auffüh­rung, mit allem – Licht und Schatten. Musik ist zudem die beste Therapie, die ich finden konnte. Es ist alles echt, es gibt keinen Fake. Ich kontrol­liere mich zwar, aber letzt­lich gebe ich die Kontrolle auch auf.

Selbst­ver­ständ­lich gibt es immer Menschen, die nicht mögen, was wir tun. Also gibt es eine Bestä­ti­gung von außen nur teil­weise. Wir müssen vor uns selbst bestehen. Und wir sind nicht perfekt. Wenn ich perfekt wäre, warum sollte ich mich noch irgend­wohin bewegen?

Barbara Hannigan: Es geht auch nicht um Perfek­tion im Sinne einer rich­tigen Lösung für das Ganze. Ich mag es zum Beispiel nicht, die Über­gänge in der Musik allzu pedan­tisch zu proben, weil ich sie niemals gleich gestalte. Aber ich merke auch, dass dies Kollegen sehr nervös machen kann. Wie geht es Dir damit, Ermo­nela?

Ermo­nela Jaho: Es geht mir genauso. Durch eine über­mä­ßige Planung geht die Magie verloren. Wir müssen unsere Haus­auf­gaben machen, die Musik, die Bühne, die Bewe­gungen kennen, doch dann muss Raum für das Neue, Uner­war­tete sein, das nur in diesem Moment, nur einmalig im Hier und Jetzt geschehen kann.

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Weitere Informationen zu Jan-Schmidt-Garrets Film Fuoco Sacro, der in den deutschen Kinos läuft, auf: www.parsmedia.com

Am 19. Juni 2022 um 23.05 Uhr wird Jan-Schmidt-Garrets Film Fuoco Sacro vom Fernsehsender Arte gezeigt: www.arte.tv

Im Herbst 2022 erscheint Jan-Schmidt-Garrets Film Fuoco Sacro bei Naxos auf DVD.

Fotos: PARS Media