Kaltenberger Ritterturnier
Lebendiges Mittelalter
von Ruth Renée Reif
29. Juni 2019
Das Kaltenberger Ritterturnier in Oberbayern feiert an den drei Wochenenden vom 12. bis 14., vom 19. bis 21. und vom 26. bis 28. Juli 2019 sein 40-jähriges Bestehen.
Als finstere Zeit mit Pest, Aberglauben, Hexenverbrennungen und Kreuzzügen ging das Mittelalter in die Geschichte ein. Aber neben dieser Perspektive auf eine traurige Zwischenzeit, die das griechisch-römische Altertum von der Neuzeit trennt , gibt es noch eine andere, die mehr und mehr an die Oberfläche tritt und die den Blick auf eine Zeit öffnet, in der unter dem Einfluss der arabischen Philosophie und Mathematik ein Aufschwung der Wissenschaften einsetzte. Dieses lebendige Mittelalter mit seinen Troubadouren und Spielleuten inspiriert zahlreiche Künstler und Musiker. Joyosa etwa entführt in die Klangwelt Andalusiens, wo Juden, Christen und Muslime über Jahre hinweg einen einzigartigen kulturellen Austausch pflegten. Das Ensemble ist Teil des Rahmenprogramms des Kaltenberger Ritterturniers, in dem Musiker wie die mit Dudelsäcken und Schalmeien rockende Band Corvus Corax, die Marktmusikanten Bene Vobis, der Barde Barlhow und die Schwyzerdütsch singende Gruppe Koenix sowie Artisten wie die Gruppe Hypnotica mit ihrer Feuershow, die Flugträumer mit ihren poesievollen Jonglagen, der Gaukler Tamino und andere Künstler eine pittoreske Mittelalterwelt entstehen lassen.
„Kampf der Brüder“ ist die choreografierte Ritterturniershow in der Schlossarena im Jubiläumsjahr überschrieben. Dramaturg Thomas Limpinsel und Regisseur Alexander May haben eine Handlung entworfen, in der ebenso Tapferkeit wie Frauendienst als ritterliche Zierde gezeigt werden. Durch Frauendienst erringt der Ritter Minne. Er hat alle Wünsche der Dame seines Herzens zu erfüllen und ihr zu Ehren in Turnieren zu kämpfen. Zentrale Figur der Show ist der Schwarze Ritter, den Frédéric Laforêt verkörpert. Der Pferdespezialist Mario Luraschi kommt mit seiner Truppe Cavalcade aus Frankreich. Der Name setzt sich zusammen aus „cavalier“ (Reiter) und „casacade“ (Stunt). Luraschi, der von Kindheit an eine Leidenschaft für Pferde hat und mit seiner Pferdeakrobatik an zahlreichen Filmen mitwirkte, ist Regisseur der Stunt-Szenen, die die Akrobaten hoch zu Ross vorführen. Mittelalterlich inszenierte Schwertkämpfe zeigt die Truppe Merlet.
Prinz Luitpold von Bayern rief die Ritterspiele ins Leben. Während eines Aufenthalts in London wohnte er der Inszenierung eines historischen Kampfs im Burggraben des Tower of London bei. Sie begeisterte ihn so sehr, dass er den Stuntman Max Diamond beauftragte, zur 800-Jahr-Feier der Wittelsbacher-Dynastie 1979 ein Reittournier aufzuführen. Am 15. Juni 1980 wurde mit 16 Mitwirkenden das erste Kaltenburger Ritterturnier gezeigt. Seitdem wurde die Schau Jahr für Jahr erweitert. Der Schauplatz wurde vergrößert, Tribünen errichtet und überdacht und ein umfangreiches Begleitprogramm, einschließlich eines Marktes mit Werkstätten mittelalterlicher Handwerke entwickelt.