Luis Bacalov
Tango-Choreographien
von Attila Csampai
19. Juni 2018
Es ist unfassbar, wie Luis Bacalov das Drama und den Schmerz des Tango choreografiert und dabei immer nobel, präzis und gespannt bleibt: eine Sternstunde, ohne jeden Zweifel.
Im November 2017 starb in Rom der große argentinische Filmkomponist Luis Bacalov. Er schrieb die Musik zu zahlreichen Italo-Western, aber auch zu Fellinis Stadt der Frauen, zu Pasolinis Matthäus-Passion und zu Radfords The Postman. Seine besondere Liebe galt dem argentinischen Tango, dem er diverse großformatige Werke widmete. Zwei Jahre vor seinem Tod spielte Bacalov im Alter von acht Jahren bei einem kleinen italienischen Musikfestival ein Klavierrecital mit einer Auswahl seiner liebsten Tangos und spannte einen Bogen von den „Klassikern“ wie Ignacio Cervantes und Isaac Albéniz über Carlos Gardel und Angel Villoldo bis zu den Reformern Astor Piazzolla, Ennio Morricone und ihm selbst. Es ist eines der schönsten, bewegendsten, musikalisch und pianistisch herausragendsten Tango-Alben, die ich je gehört habe, eine faszinierende Traumreise in den Seelenkern des Tango, dargeboten mit einer Zärtlichkeit, einer schneidigen Eleganz, einer schlackenlosen Prägnanz und einer inneren Glut, die einen vom ersten Akkord an fesselt, elektrisiert und fast zu Tränen rührt. Es ist unfassbar, welche humanen Lebensenergien der exzellente Pianist Bacalov diesen Miniaturen abtrotzt, wie er ohne jegliche Attitüde, ganz geradlinig und punktgenau die Leidenschaft, das Drama und den Schmerz des Tango auf seinem Steinway choreographiert und dabei immer nobel, präzis und gespannt bleibt: eine Sternstunde, ohne jeden Zweifel.