Neue Wiener Concert Schrammeln
Schrammel reloaded
von Barbara Schulz
27. Januar 2023
... oder Strauss 2.0? Das Quartett Neue Wiener Concert Schrammeln und die Sopranistin Maria Stippich führen auf ihrem Album »Johnny the Ostrich« den Walzerkönig und die Brüder Schrammel in eine charmant-ironische Liaison.
Schrammelmusik gehört zu Wien wie der Prater, das Sacher, der Heurige oder der Wiener Satz. Man denkt an Hans Moser und Paul Hörbiger, an die Reblaus und natürlich: an Johann Strauss. Und tatsächlich: Auch wenn das vermeintlich wienerischste Musikgenre auf die Brüder Johann und Josef Schrammel zurückgeht, wusste der Walzerkönig sehr genau, den melancholischen Ton des Wiener Gemüts mit bittersüßen Melodien zu treffen.
Den Neuen Wiener Concert Schrammeln ist auf ihrem Album „Johnny the Ostrich“ nicht weniger gelungen, als der lieblich-romantischen Strauss’schen Schwermut mitsamt ihrem Weltschmerz im Dreivierteltakt einen Kontrapunkt zu setzen. Bereits der Titel des Albums, wörtlich übersetzt mit „Johann, der Strauss“ lässt augenzwinkernd nicht nur einen anderen Blick auf die Wiener Ikone zu, sondern nähert sich ihr mit so viel Respekt wie Ironie.
Das Projekt „Schrammel meets Strauß“ der vier Instrumentalisten (Peter Uhler und Johannes Fleischmann an der Violine, Helmut Thomas Stippich an der chromatischen Knopfharmonika und als Sänger sowie verantwortlich für diverse Kompositionen und Arrangements, dazu Peter Havlicek an der Kontragitarre) und der Sängerin Maria Stippich entschlackt mit hochkarätiger Kammermusik jeden Hauch triefender Spießigkeit, ohne der Musik ihren wienerischen Zauber zu nehmen.
Von Geschichten aus dem Wienerwald, dessen weltberühmtes Zithersolo Helmut Thomas Stippich in einer atemberaubenden Kadenz an der Wiener Knopfharmonika neu belebt, bis hin zum Csárdás aus der Fledermaus – jedes Stück auf diesem Album ist nicht nur eine wunderbare Liaison aus den Herzschmerz-Originalmelodien und einer so frischen wie originellen Interpretation, sondern auch eine so kluge wie liebevolle Verneigung vor dem Wiener Heiligtum Johann Strauss.
Ein Wort noch zu Maria Stippich: Sie nur als Sängerin des Ensembles zu nennen, würde ihr nicht gerecht werden, beherrscht sie nicht nur die Kunst des Wiener Dudlers – gern auch als großartiger Doppel-Dudler zusammen mit ihrem Mann Helmut Thomas Stippich – perfekt, sondern beschert mit ihrem Seufzen und Schmieren neben glockenreiner und glasklarer Intonation den Melodien und Arrangements einen rasanten und hintergründigen Witz. Ob die Texte unbedingt aktualisiert und Corona-Bezüge sogar hier eingebaut werden mussten, sei dahingestellt.
Ob diese bunten Vögel respektive professionellen Musiker etwas mit der Vogel-Strauß-Politik zu tun haben, von der Maria Stippich singt? Höchstens eines: Sie führen sie sehr amüsant und klug ad absurdum, indem sie ihre Köpfe weit genug oberhalb jeglichen konventionellen Sands halten und sehr genau hinschauen – um messerscharf, lustvoll und aus tiefsten Herzen musikantisch und musikalisch allen Staub aus diesen wunderbaren Melodien zu spielen.
Auftrittstermine und weitere Informationen zu den Neuen Wiener Concert Schrammeln auf: www.concertschrammeln.at