Patentorchester München

Sommer­kon­zert mit Staub­saugern, Metro­polis und Beet­hoven

von Ruth Renée Reif

21. Juni 2023

Das Patentorchester München lädt unter dem Motto »Music Meets Innovation« am 25. Juni 2023 in den Herkulessaal der Münchner Residenz zum Sommerkonzert 2023.

Das Patentor­chester München gibt sein Sommer­kon­zert 2023. Auf dem Programm stehen Werke, die auf unter­halt­same und humor­volle Weise einen Bezug zu tech­ni­schen Erfin­dungen aufweisen und die Faszi­na­tion des Verhält­nisses von Mensch und Technik zeigen. So gibt es etwa The Type­writer, ein Stück für Solo-Schreib­ma­schine und Orchester, zu hören, das Leroy Anderson 1953 für das Boston Pops Orchestra kompo­nierte und das durch den Film Who’s Minding the Store (Der Laden­hüter) mit Jerry Lewis Bekannt­heit erlangte. Tippen, das Klin­geln des Wagen­rück­laufs und das Geräusch des zurück­fah­renden Wagens bezog Anderson in die Kompo­si­tion ein. Die Heraus­for­de­rung für den Solisten besteht darin, die gefor­derte Geschwin­dig­keit beim Tippen zu errei­chen. Auch drei Staub­sauger kommen in Malcolm Arnolds A Grand Grand Festival Ouver­ture aus dem Jahre 1956 auf die Bühne. 1901 reichte Hubert Cecil Booth in London das erste Patent für einen Staub­sauger namens Puffing Billy ein, und der gerade gekrönte König Edward II. kaufte gleich zwei für den Buck­ingham Palace.

Breiten Raum nimmt die Film­musik ein. Zum Auftakt erklingt Alan Silvestris Musik zu der Science-Fiction-Film-Trilogie Back to the Future (Zurück in die Zukunft). Auch Calvin Custers ikoni­sche Kompo­si­tion Star Trak – Through the Years, kommt in einem Medley, das bekannte Themen und Motive aus den einzelnen Folgen vereint, zur Auffüh­rung. Und Gott­fried Huppertz« Musik zu Fritz Langs Stumm­film­epos Metro­polis visio­nä­rerer Urba­nität erklingt. Sie ist geprägt von der engen Verzah­nung mit dem Film und besteht aus Leit­mo­tiven, szenen­be­zo­genen Themen sowie musi­ka­li­schen Beschrei­bungen und Zitaten. Und wie das Parti­cell verrät, verfasste Huppertz einen Groß­teil davon während der Dreh­ar­beiten. Mehrere Versuche wurden unter­nommen, um die Premie­ren­fas­sung von 1927 zu rekon­stru­ieren. 2001 erfolgte eine digi­tale Restau­rie­rung, die 2008 über­ar­beitet wurde, nachdem in Buenos Aires eine 16 mm-Kopie aufge­taucht war. Schließ­lich wurde eine kritisch-edito­ri­sche Auffüh­rungs­aus­gabe in Form einer Partitur mit Orches­ter­stimmen erstellt. Das Patentor­chester München spielt die Musik in der Einrich­tung und Neuein­stu­die­rung von und Marco Jovic aus dem Jahr 2010.

Patentorchester München
Spielt zum Vergnügen und aus Freude an der Musik: das Patentor­chester München unter Folko Jung­nitsch

Das Orchester wurde 1992 auf Initia­tive junger Musiker und Bediens­teter des 1973 gegrün­deten Euro­päi­schen Patent­amts ins Leben gerufen. Es besteht aus 80 Instru­men­ta­listen, von denen die meisten keine Berufs­mu­siker sind. In den über 30 Jahren seines Bestehens hat es weit über 100 Auffüh­rungen in und um München gestaltet. Höhe­punkt der musi­ka­li­schen Arbeit bilden jähr­lich zwei Sinfo­nie­kon­zerte mit Solisten. Künst­le­ri­scher Leiter des Orches­ters ist seit dem Herbst 2000 Folko Jung­nitsch, der auch das Sommer­kon­zert 2023 diri­giert.

Inter­es­san­ter­weise steht Beet­hoven X – The AI Project eben­falls auf dem Programm. Bereits 1996 hatte der Kompo­nist Cope die von Beet­hoven unvoll­endet hinter­las­sene Zehnte Sinfonie mit einem Algo­rithmus, für den er das US-Patent US7696426 erhielt, voll­endet. Mit dem neuer­li­chen Versuch, die Sinfonie mit Künst­li­cher Intel­li­genz fertig­zu­stellen, wurde das Karajan Insti­tute in Salz­burg beauf­tragt. Als Mate­rial dienten 10.000 Kompo­si­tionen, die zur Zeit Beet­ho­vens geschaffen wurden, sowie Beet­ho­vens Werke, darunter die Skizzen, die er zu der Sinfonie ange­fer­tigt hatte und die von dem Team unter der Leitung von Matthias Röder und mit dem Program­mierer Ahmed El-Gamal in den Computer einge­füt­tert wurden. Der Algo­rithmus gene­rierte sodann etwa zwei Millionen Noten. Die Auswahl einer spiel­baren und eini­ger­maßen über­zeu­genden Version, an der der Musik­pro­du­zent Walter Werzowa betei­ligt war, gestal­tete sich schwierig, und das Ergebnis wurde sehr kritisch betrachtet. Das Patentor­chester München spielt den dritten Satz.

Fehlen darf schließ­lich nicht der sphä­ri­sche Klang des Theremins. Unter der Nummer US1661058A erhielt der Physiker Lew Serge­je­witsch Theremin 1928 ein US-Patent für sein Instru­ment, das als erstes elek­tro­ni­sches Instru­ment vom Publikum in New York begeis­tert aufge­nommen wurde. kompo­nierte Remem­brance für Theremin und Orchester. Und am Theremin spielt – berüh­rungs­frei – Chris­toph Zeis.

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Weitere Informationen zum Konzert am 25. Juni 2023 im Herkulessaal der Münchner Residenz und dem Patentorchester München: www.patentorchester.de

Fotos: Wolfgang Wittmann