Staatsbibliothek Berlin

… nicht für die Hofschranzen geschnie­gelt

von Ruth Renée Reif

10. März 2020

Die Staatsbibliothek zu Berlin stellt ihre Beethoven-Autografen aus. Zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung zeigt sie Originale aus ihrem umfangreichen Autografen-Bestand zu Beethoven.

Von 11. März bis 30. April 2020 zeigt die Staats­bi­blio­thek zu zum ersten Mal seit der Wieder­ver­ei­ni­gung Origi­nale aus ihrem umfang­rei­chen und viel­fäl­tigen Auto­grafen-Bestand zu Beet­hoven. Beleuchtet werden die verschie­denen Facetten von Beet­ho­vens Leben und Schaffen. So vermit­telt die Ausstel­lung sowohl Einblicke in den kompo­si­to­ri­schen Arbeits­pro­zess, als auch in geschäft­liche Vorgänge und alltäg­liche Vorkomm­nisse.

20 000 Seiten musi­ka­li­scher Werke

Aus dem Bestand der Staats­bi­blio­thek zu Berlin: alle Bände von Beet­ho­vens Neunter Sinfonie 

221 Musik­au­to­grafen, 137 Konver­sa­ti­ons­hefte und 380 Briefe von Beet­hoven lagern in der Staats­bi­blio­thek zu Berlin. Das sind knapp 20 000 Seiten musi­ka­li­scher Werke und rund 10 000 Seiten Briefe sowie fast 1000 Erst- und Früh­drucke.

Alle drei Fidelio-Fassungen

Auto­graf, das 1841, an die König­liche Biblio­thek zu Berlin gelangte, war das Kyrie der Missa Solemnis. In der Folge kamen die Zweite, Vierte, Fünfte, Sechste und Achte Sinfonie, fünf Klavier­kon­zerte, Streich­quar­tette und Bühnen­werke sowie die Bear­bei­tungen wali­si­scher, schot­ti­scher und anderer euro­päi­scher Lieder. So besitzt die Staats­bi­blio­thek etwa Aufzeich­nungen aller drei Fassungen von Fidelio

War während des Zweiten Welt­kriegs an drei verschie­denen Orten ausge­la­gert: das Auto­graf von Beet­ho­vens Neunter Sinfonie

Auch die Neunte Sinfonie ist in Beet­ho­vens eigener Hand­schrift vorhanden. Dieses Auto­graf wurde 2001 in das UNESCO-Register „Memory of the World“ aufge­nommen. Während des Zweiten Welt­krieges war es aus Schutz vor Bomben an verschie­denen Orten ausge­la­gert. Nach dem Krieg befand sich ein Teil in , einer in der Ostber­liner und einer in der West­ber­liner Staats­bi­blio­thek. Der Riss ging dabei genau durch den Satz „Diesen Kuss der ganzen Welt!“, der der Ausstel­lung den Titel gibt. Erst nach dem Fall der Mauer kamen die Teile zusammen, die jetzt in der Ausstel­lung zu sehen sind.

137 Konver­sa­ti­ons­hefte besitzt die Staats­bi­blio­thek zu Berlin 

Die Konver­sa­ti­ons­hefte kamen 1846 in die Biblio­thek. , Beet­ho­vens Sekretär, hatte sie nach Beet­ho­vens Tod 1827 „an sich genommen“. Später verkaufte er sie an die Biblio­thek. 137 solcher Büch­lein besitzt die Biblio­thek.

Beet­ho­vens Liebes­brief aus dem Maga­zin­tresor

Unter den über 300 Briefen befindet sich auch das zehn­sei­tige Schreiben an Beet­ho­vens „“. Für die Ausstel­lung wurde es aus einem Maga­zin­tresor geholt.

Als Beet­ho­vens Leben zu Ende ging, schickte der Verleger Kräu­ter­wein mit einem Gebrauch­zettel

Ein Kuriosum stellt ein Brief aus Beet­ho­vens Ster­be­jahr 1827 vom Verlag B. Schott’s Söhne dar. Ihm war ein „Gebrauch­zettel“ ange­fügt: „Von dem Kräu­ter­wein wird des Morgends, Mittags und Abends, jedesmal ein Esslöffel voll genommen, sollte dieses aber zu stark angreifen und man spürte Üben zum Erbre­chen, so setzt man immer einen Tag aus…“ Der Kräu­ter­wein lag der Sendung eben­falls bei.

Mit natür­li­chen Haaren

Das Porträt oben ist eine Litho­grafie von Carl Fischer aus dem Jahr 1843. Diese wurde nach einer Zeich­nung herge­stellt, die 1817 in Mödling bei anfer­tigte. „Als Beet­hoven meine Zeich­nung sah“, schrieb Kloeber dazu, „bemerkte er, dass ihm die Auffas­sung der Haare auf diese Weise natür­lich erschiene, denn sie hätten ihn bis jetzt immer so geschnie­gelt heraus­ge­geben so wie er vor den Hofschranzen erscheinen müsse, und so wäre er garnicht!“

Alle Beet­ho­ve­niana auch digital

Und für alle, die nicht in Berlin leben und nicht hinreisen wollen, gibt es die Auto­grafen auch online. Seit Mitte 2019 wurden die Beet­ho­ve­niana digi­ta­li­siert. Erfasst sind 221 Musik­au­to­grafen, 137 Konver­sa­ti­ons­hefte und 380 Briefe.

Inter­es­sant sind die 30 Skiz­zen­bü­cher. Beet­hoven notierte darin musi­ka­li­sche Ideen. Folgt man diesen Spuren, kann man die Entste­hung seiner Werke nach­ver­folgen und auch einzelne Probleme der Kompo­si­tion erkennen.

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Informationen zur Ausstellung „Diesen Kuss der ganzen Welt!“ in der Staatsbibliothek zu Berlin: www.staatsbibliothek-berlin.de

Zur digitalisierten Sammlung der Staatsbibliothek zu Berlin: https://digital.staatsbibliothek-berlin.de