Jörg Widmann
Märchen aus unsicheren Zeiten
von Roland H. Dippel
7. Februar 2018
Schumann bannte intellektuelle Sehnsucht nach dem Wunderbaren in musikalische Sätze mit Fantasiepotenzial: Salonkultur zwischen Brüder Grimm und Ludwig Richter.
Er ist ein begehrter Klarinettist und heftig akklamiert als Gewandhauskomponist. Dort repräsentiert Jörg Widmann am gleichen Ort wie einstmals Robert Schumann die musikalische Gegenwart. Das war der Anlass zur Gegenüberstellung der Weltersteinspielung von Widmanns eigenen fünf Stücken im Märchenton mit den musikalischen Märchenbildern und ‑erzählungen des Romantikers. Tabea Zimmermann, Dénes Várjon und der selbst mitspielende Komponist nähern sich den Kostbarkeiten dieser liebevollen Edition mit verträumter Gelassenheit. Diese Idyllen in ungewöhnlicher Besetzung sind ein lyrischer Kampf der Poesie gegen die Prosa des Alltags. Jörg Widmann verbirgt in seinen fünf Sätzen, dass es ihm weniger um echte Märchen als um Muster früheren Erzählguts geht. Schumann dagegen, der zur Entstehungszeit mit seiner Legendenoper Genoveva rang, bannte intellektuelle Sehnsucht nach dem Wunderbaren in musikalische Sätze mit Fantasiepotenzial: Salonkultur zwischen Brüder Grimm und Ludwig Richter. DIP