Woher kommt eigentlich ...
Die Musik im Film?
7. Februar 2018
Musik im Film ist oft Musik, die schon vor dem Film ein Dasein hatte. Sie stammt von Richard Wagner, Richard Strauss und anderen großen Komponisten.
Im Vorspann jedes Films wird meist der Name des großen Filmkomponisten genannt. Man achte jedoch einmal darauf, ob andere, vielleicht bereits bekannte Musikstücke oder Songs im Film die Aufmerksamkeit erheischen als eben die Musik des genannten Komponisten. Sollte einen interessieren, was man da hört, heißt es, geduldig warten bis zum Ende des Abspanns, die Lesebrille holen und dann nah an den Bildschirm rücken, um aus kleinster Schrift zu entziffern, wessen Werk das Ohr erfreute. Meist handelt es sich hierbei um „die Musik im Film“. Komponierte Filmmusik dagegen besteht aus einem um Handlung und Personen kreisenden Leitmotiv. Sie ist während des ganzen Films gegenwärtig, mal unterschwellig, mal sehr direkt, sie ist Musik, die wie ein drohendes Damoklesschwert über dem Zuschauer schwebt oder ihn als wärmender Pelz einhüllt, womöglich zuckersüß einlullt. Musik im Film ist oft Musik, die schon vor dem Film ein Dasein hatte.
Filmproduzent Sam Goldwyn, dessen Filme alle mit einem brüllenden Löwen beginnen, forderte von Filmkomponisten: „Bitte, schreiben Sie Musik wie Wagner, nur lauter!“ Man könnte daraufhin Wolfgang Wagner zitieren: „Wenn mein Großvater heute noch leben würde, würde er zweifellos in Hollywood arbeiten.“ Filmmusik erinnert uns daran, dass wir nur Zuschauer sind. Ob die Akteure die Musik hören, wissen wir nicht, denn Filmmusik ist Off-Musik, sie wird nach dem Dreh auf die Tonspur gebracht. Die Musik im Film kann ihre Quelle im Bild haben, Teil der Handlung sein, so wie in Apokalypse Now nach dem zynisch bitteren Aufruf „This is a Romeo Foxtrot. Shall we dance?“ einer der vielen amerikanischen Soldaten an Bord eines Hubschraubers ein Tonbandgerät einschaltet und man sehen muss, wie zur Musik von Wagners Walkürenritt unzählige Helikopterstaffeln in großer Übermacht Bomben werfend über ein friedliches Vietnam fliegen. Die eigentliche Filmmusik dazu komponierte Francis Ford Coppola zusammen mit seinem Vater Carmine Coppola. Doch wer erinnert sich schon daran, im Gedächtnis verankert blieb der Walkürenritt, untrennbar verknüpft mit dieser Filmszene.
So spektakulär wie Wagner sind auch andere Klassiker eingesetzt worden, siehe 2001: Odyssee im Weltraum. Ursprünglich hatte der Komponist Alex North die Filmmusik zu Stanley Kubricks Film geschrieben. Alex North war ein Meister seines Faches, seine Werke kleideten Filme in Hülle und Fülle, von Endstation Sehnsucht bis Good Morning, Vietnam, 14-mal wurde er nominiert, doch nie bekam er einen Oscar. Posthum ehrte man ihn mit einem erstmalig vergebenen Ehren-Oscar. Was für ein Affront muss es für North gewesen sein, als er am 2. April 1968 bei der Filmpremiere statt seiner Musik plötzlich Also sprach Zarathustra von Richard Strauss hörte. Kubrick hatte in seiner Plattensammlung gewühlt und kurzfristig entschieden, auf Norths Musik zu verzichten: „Wie gut unsere besten Filmkomponisten auch sein mögen, Beethoven, Mozart oder Brahms sind sie nicht.“
Ob Bachs Goldbergvariationen im Schweigen der Lämmer auftauchen oder Jesus bleibet meine Freude Spielbergs Minority Report ziert, das Air sich mit dem Horror in Sieben vermählt, Beethovens Elise Rosmaries Baby betört oder seine Fünfte schicksalshaft den Tod in Venedig oder Saturday Night Fever durchdringt, immer ist es Musik im Film. Die jeweilige Filmmusik hingegen schrieb jemand anders. Quentin Tarentino hat viele Songs aus den 60er- und 70er-Jahren verwendet und ihnen in seinen Filmen zu einer Renaissance verholfen. In Kill Bill 1 (2003) zeichnet der Rapper RZA vom Wu-Tang Clan für den Soundtrack verantwortlich. Fraglos prominent aber ist in diesem Film Don’t let me be misunderstood in der erfolgreichen Disco-Version aus dem Jahre 1977 von Santa Esmeralda.
Im Jahre 2001 kam aus den DreamWork-Produktionsstätten Shrek mit der Filmmusik von Harry Gregson-Williams und John Powell auf die Leinwand. Ohrenfällig darin: der Song Hallelujah. Plötzlich hörte ein völlig neues Publikum Leonard Cohen. Der Song wird so oft gecovert und ist so häufig in Filmen anzutreffen, dass Leonard Cohen dem „Guardian“ gestand: „Ich habe gerade eine Rezension des Filmes The Watchmen gelesen, worin der Song vorkommt, und der Rezensent schrieb: ‚Können wir bitte ein Moratorium für Hallelujah in Filmen und Fernsehshows gewähren?‘ Ich empfinde genauso. Es ist ein guter Song, aber zu viele Leute singen ihn.“