Andreas Homoki
Intensives Opernerlebnis
von Anna Schors
4. November 2022
Andreas Homokis Inszenierung von Giacomo Puccinis »Madama Butterfly« mit Barno Ismatullaeva als Cio-Cio-San bei den Bregenzer Festspielen 2022 auf DVD und Blu-ray Disc
Die Seebühne als gigantisches zerknittertes Pergamentpapier – so empfingen die Bregenzer Festspiele 2022 das Publikum für Giacomo Puccinis Madama Butterfly unter der Regie von Andreas Homoki. Das imposante, über den Wassern des Bodensees schwebende Bühnenbild stellt eine traditionelle japanische Tuschezeichnung dar – als hätte jemand ein kulturelles Artefakt achtlos ins Meer geworfen. Das Drama des Imperialismus setzt sich in der Handlung fort: Aus einer Laune heraus heiratet der amerikanische Offizier Pinkerton die blutjunge Japanerin Cio-Cio-San, genannt Butterfly (Barno Ismatullaeva), verlässt sie aber bald wieder. Butterfly nimmt sich das Leben.
Mit hegemonialem Selbstbewusstsein stolziert Edgaras Montvidas als Pinkerton über die mit japanischen Gebirgszügen bemalte Papierbühne und reißt rücksichtslos Löcher hinein. Per Video werden Flammen auf das Pergament projiziert, und am Ende verbrennt es vor den Augen des Publikums. Abseits dieses Kunstgriffs bleibt die Inszenierung schlicht. Das schlanke Dirigat Enrique Mazzolas gibt der saftigen Verismo-Partitur neue Frische, der szenische Fokus liegt auf kleinen Blicken und Gesten zwischen den Figuren. Die Kameraführung der DVD-Version verfolgt diese aus nächster Nähe und sorgt so auch vom heimischen Sofa für ein intensives Opernerlebnis.