Armida Quartett
Quartet goes App
von Ruth Renée Reif
25. Februar 2022
Das Armida Quartett gastiert mit Werken von Mozart, Brahms und Marko Nikodijević am 5. März 2022 bei Klangwelt Klassik im Isartal in Icking und führt in einem Workshop die Henle Library App vor.
Das Armida Quartett besticht mit überzeugenden Interpretationen, denen eine intensive Auseinandersetzung mit dem Notenmaterial vorangeht. Bei seinem Auftritt bringt das Quartett neben dem ihm gewidmeten Zweiten Streichquartett von Marko Nikodijević und Brahms« Drittem Streichquartett Mozarts Erstes Haydn-Quartett zur Aufführung. Und Mozart steht auch im Mittelpunkt des Workshops, zu dem der G. Henle Verlag und Klangwelt Klassik mit dem Quartett einladen.
Der Musikwissenschaftler und Geschäftsführer des Verlages Wolf-Dieter Seiffert erläutert die Urtext-Editionen des Verlags sowie die Ansichtsformate und Tools der Henle Library App. Das Armida Quartett, das die App bereits im Konzertalltag in Verwendung hat, berichtet von seinen Erfahrungen und gibt Klangbeispiele.
Grundlage der App sind die Urtext-Ausgaben des Verlages, darunter die neue vierbändige Urtext-Ausgabe, die der Verlag mit dem Quartett erarbeitete. In einem großen Studioprojekt, das im April 2022 zum Abschluss kommt, spielte das Quartett Mozarts Streichquartette auf fünf Alben ein, die Ende 2022 noch einmal gemeinsam in einer Box erscheinen. Dazu hatte es mit alle Stimmen analysiert und mit bereits bestehenden Druckausgaben abgeglichen. Die gewonnenen Erkenntnisse flossen in die neue Ausgabe ein.
Die Besonderheit der App liegt nach Darstellung des Verlages, darin, dass sie nicht bloß die Urtext-Ausgaben im PDF zeigt, sondern verschiedene Ansichtsformate und Tools bietet. So besteht etwa die Möglichkeit, sich Fingersätze, Strichanweisungen und andere Spielhinweise von bekannten Musikern anzeigen zu lassen. Auch ermöglicht die App es, eigene Anmerkungen einzufügen und zwar sowohl händisch, als auch durch Antippen entsprechender Symbole.
Zwei Jahre dauerte die Entwicklung der App. 2016 erfolgte die weltweite Markteinführung in deutscher, englischer und chinesischer Sprache. Musiklehrer erhalten mit der App die Möglichkeit, für ihre Schüler einzelne Stimmen aufzunehmen, sodass diese zu Hause ihre Stimme dazuspielen können. Zum Üben kann der Schüler die Stimme des Lehrers auch langsamer abspielen.
Der G. Henle Verlag wurde 1948 von dem Vorsitzenden der Klöckner & Co-Unternehmensgruppe Günter Henle ins Leben gerufen. Henle, der auch selbst musizierte, hatte sich über die mit „Vortragsbezeichnungen aller Art“ überladenen Notentexte geärgert. Zwar gab es bereits andere Verlage, die Urtext-Ausgaben herausbrachten, um der „Quellenversumpfung“ entgegenzuwirken und damit wirtschaftlich nicht erfolgreich waren. Aber er ließ sich nicht abschrecken, und sein unternehmerisches Können und Glück halfen ihm.
Wie Seiffert in der Firmengeschichte des Verlages ausführt, wurde der Begriff „Urtext“ als Gütesiegel wahrgenommen. Nach Günter Henles Verständnis bedeuteten Urtexte „von allen willkürlichen Zusätzen und Änderungen der Herausgeber gereinigte Texte“. Dass diese Definition wissenschaftlich nicht haltbar war, zeigte sich in den folgenden Jahrzehnten. In seiner Funktion als Gütesiegel blieb der Begriff jedoch bestehen.
Heute verstehe der Verlag, so Seiffert, unter Urtext „einen wissenschaftlich-kritischen, auf Basis aller verfügbaren historischen Quellen rekonstruierten, das heißt interpretierten“ Notentext. Zum einen sei man bei Henle dabei, Urtexte angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse immer wieder zu revidieren, zum anderen gehe man im Lichte praktischer Spielerfahrungen dazu über, die Ausgaben mit Spielanweisungen zu versehen. Mit der Henle Library App hat der Verlag diesen Schritt auch digital vollzogen.
Im Anschluss an die Vorführung erhält das Publikum Gelegenheit, die App und ihre Tools auch selbst auszuprobieren.
Weitere Informationen zu den Konzerten und dem Workshop in Icking unter: klangwelt-klassik.de
Weitere Informationen zur Henle Library App unter: www.henle-library.com
Hören Sie einen Podcast mit Johanna Staemmler, der Zweiten Geigerin beim Armida Quartett, über die Aufnahme aller Streichquartette Mozarts nach der vom G. Henle Verlag neu edierten Urtext-Ausgabe und der Ambition des Quartetts, an Mozarts Vision heranzukommen, unter: CRESCENDO.DE