Otto Klemperer

Als diri­giere Beet­hoven selbst…

von Teresa Pieschacón Raphael

15. Oktober 2019

Otto Klemperer leitet das New Philharmonia Orchestra bei der Aufführung aller neun Sinfonien Ludwig van Beethovens.

London im Sommer 1970: Vor der Royal Festival Hall kampieren die Menschen, um sich Eintritts­karten für die Gene­ral­probe zu sichern. Doch der Star, auf den sie warten ist nicht John Lennon oder , sondern ein 85 Jahre alter knor­riger Herr „mit düster bren­nenden Augen und blei­chen Wangen“ (Lotte Lehmann): Otto Klem­perer.

Otto Klemperer am Pult in London
(Foto: Macdomnic)

Die letzte aller Sinfo­nien Beet­ho­vens steht auf dem Programm, und jeder im Publikum ahnt, dass mit dem alten Herrn auf der Bühne, der da unsen­ti­mental, präzise, mit durch­drin­gendem Blick diri­giert, nicht nur eine Ära zu Ende geht, sondern ein Zeit­zeuge allmäh­lich verschwindet, der noch die Großen seines Jahr­hun­derts wie Mahler, Zemlinsky, Stra­winsky, Hinde­mith, Schön­berg oder Janáček kannte. Und so freut man sich ein halbes Jahr­hun­dert später, dass Klem­perer, der TV-Live-Aufzeich­nungen hasste, sie ausnahms­weise zuließ. „Es ist, als diri­giere uns Beet­hoven selbst“, brachte es ein Musiker auf den Punkt.