Lio Kuokman
Berlin – Beijing – Tour-retour
von Ruth Renée Reif
10. Dezember 2022
Berlin feiert 50 Jahre diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China. Die Klangkörper der Stadt feiern mit. Und die Berliner Symphoniker laden unter dem Motto »East – West« am 14. Dezember 2022 in die Philharmonie.
„East – West“ lautet das Motto eines Konzerts der Berliner Symphoniker mit Werken des westlichen Klassik-Repertoires und chinesischer Komponisten. Zum Auftakt erklingt Musik, die Fang Ming zu der Akrobatik-Tanz-Show Opera Warriors komponiert hat. Sie ist von Krieger-Szenen der berühmten Beijing-Oper inspiriert.
„Äußerlich habe ich die Schöpfung zum Vorbild genommen, und im Inneren habe ich den Grund meiner Seele gefunden.“ Was ein chinesischer Meister im 8. Jahrhundert über seine Malerei schrieb, trifft auch auf die traditionelle chinesische Musik zu. In bildereichen Klangmustern fängt sie landschaftliche Stimmungen ein, um zu einer Innenschau zu gelangen. Eine solche musikalische Meditation über eine Landschaft bietet das Werk A Thousand Li of Rivers and Mountains. Zhao Li, der den Soundtrack zu Filmen wie Die rote Laterne und Lebwohl, meine Konkubine schrieb, nahm sich die gleichnamige Landschaftsdarstellung von Wang Hsi-Meng als Vorlage.
Wang Hsi-Meng malte es im Alter von 18 Jahren. Zwei Jahre darauf starb er. Es ist das einzige aus der Nördlichen Song-Dynastie erhaltene Bild. Zhao Lin lässt sich von ihm zu einem epischen musikalischen Werk anregen. „Es ist eine Ode auf Chinas traditionelle Kultur und Philosophie“, erläutert er. Komponiert im Stil abendländischer Musik, versteht es sich als Zusammenspiel von klassischer westlicher Musik mit chinesischen Instrumenten wie der Mundorgel Sheng, der Laute Pipa, der Röhrenspießlaute Erhu und der Bambusflöte.
Im Februar 1972 fand der spektakuläre und von John Adams in seiner Oper verewigte Besuch des amerikanischen Präsidenten Richard Nixon bei Mao Zedong in der Volksrepublik China statt. Im Oktober 1972 erfolgte der Besuch des deutschen Bundespräsidenten Walter Scheel in der Volksrepublik China. Es ging Scheel darum, vor dem Hintergrund der Ostpolitik und den komplexen Berlin-Regelungen auch normale Beziehungen zu China aufzubauen. Dieses Vorhaben gestaltete sich kompliziert. Denn die Sowjetunion fürchtete, durch die kommunistische Brudermacht China und die USA weltpolitisch eingekreist zu werden. Vereinbart wurde bei Scheels Besuch in Beijing die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, und in der Folge kam es zur Eröffnung von Botschaften in Beijing und Bonn.
Mit Song of the Yangtze River steht eines der 100 ausgewählten Lieder auf dem Programm, mit denen die Volksrepublik China ihr 70-jähriges Bestehen feierte. Wang Shiguang komponierte es 1984 mit einem Text von Hu Hongwei, dem stellvertretenden Leiter des Shenyang Song District Marching Song and Dance Ensembles. Der westliche Teil des Programms enthält Jacques Offenbachs Barcarole aus der Oper Hoffmanns Erzählungen, die Ouvertüre Die schöne Melusine von Felix Mendelssohn Bartholdy und das Lied der Marie Schlösser, die im Monde liegen aus Paul Linckes Operette Frau Luna. Die musikalische Leitung des Abends, der im Rahmen des kulturellen Austauschprogramms Image China stattfindet, liegt in den Händen von Lio Kuokman. Solisten sind der Sheng-Spieler Wu Wei, der Geiger Ning Feng, die Sopranistin Juliane Banse und der Tenor Long Long.
Weitere Informationen zum Konzert der Berliner Symphoniker unter dem Motto „East – West“ am 14. Dezember 2022 in der Philharmonie auf: www.berliner-symphoniker.de