David Stromberg und Florian Uhlig

Ein klang­li­ches Ereignis

von Ruth Renée Reif

20. Juni 2023

David Stromberg hat mit Florian Uhlig ein Album mit Sonaten für Cello und Duplex Piano aufgenommen. Im Gespräch stellt er das Instrument vor und erzählt von seiner Entdeckung.

Der Cellist Strom­berg und der Pianist haben mit Werken von Emanuel Moór, und ein Album aufge­nommen. Die Beson­der­heiten der Aufnahme liegen in der Wieder­ent­de­ckung des Kompo­nisten Moór und des Instru­ments. Florian Uhlig spielt auf einem Bösen­dorfer Duplex Piano.

CRESCENDO: Herr Strom­berg, Sie haben mit dem Pianisten Florian Uhlig ein Album mit Sonaten für Cello und Duplex Piano aufge­nommen. Wie sind Sie als Cellist auf das Instru­ment aufmerksam geworden?

David Strom­berg: Vor rund sechs Jahren suchte ich für eine Aufnahme mit dem Cellisten Sebas­tian Hess nach Werken für zwei Celli und Orchester. Dabei stieß ich auf ein Stück von Emanuel Moór. Von diesem Kompo­nisten hatte ich bislang nichts gehört. Aber von seiner Musik war ich begeis­tert. Im Zuge der Aufnahme stellte ich fest, dass Moór auch Erfinder war und dieses Duplex Piano konstru­iert hatte. Es reizte mich, damit ein Projekt durch­zu­führen und es auf die Konzert­bühne zurück­zu­bringen.

Wie konnte Moór vergessen werden, wenn er, wie Sie im Booklet schreiben, so bedeu­tend war und über 200 Werke hinter­ließ?

Das ist tatsäch­lich erstaun­lich. Aus der Musik kann ich es mir nicht erklären. Diese Sonaten für Cello und Klavier sind Meis­ter­werke. Auch wurden seine Kompo­si­tionen von den besten Musi­kern seiner Zeit gespielt wie den Berliner Phil­har­mo­ni­kern und dem Concert­ge­bou­wor­kest Amsterdam. Pablo Casals zählte zu seinen größten Förde­rern. Ein Grund für sein Vergessen könnte darin liegen, dass er Jude war. Als er 1931 verstarb, begann die NS-Zeit.

Die Wieder­ent­de­ckung des Duplex Pianos

Sie zitieren , der sich für die Fülle des Klangs begeis­terte, der durch Kopp­lung und Okta­vie­rung entstehe. Könnten Sie diesen tech­ni­schen Hinter­grund etwas erläu­tern?

Das Duplex Piano hat zwei Manuale und ein Kopp­lungs­pedal. Mit diesem Pedal kann man die Töne auf dem unteren Manual durch Okta­vie­rung verdop­peln. Wenn man zum Beispiel das einge­stri­chene C anschlägt und das Pedal tritt, erklingt das zwei­ge­stri­chene C eine Oktave höher eben­falls. Diese Verdopp­lung schafft die Klang­fülle. Die beiden Manuale ermög­li­chen verschie­dene Klang­wir­kungen. So kann man etwa die Haupt­stimme mit Verdopp­lung auf dem unteren Manual spielen und die Neben­stimme ohne Verdopp­lung auf dem oberen.

Hat Moór in seinen Parti­turen vermerkt, welche Passagen gedop­pelt werden sollen?

Moór hörte auf zu kompo­nieren, als er den Flügel entwi­ckelte. Seine Vorstel­lung war, mit dem Duplex Piano für alle Epochen der klas­si­schen Musik ab der Barock­zeit das opti­male Instru­ment zu schaffen. Für Bachs Gold­berg Varia­tionen, die für ein zwei­ma­nua­liges Tasten­in­stru­ment kompo­niert sind, sah er sein Duplex Piano als ideales Instru­ment an. Was verdop­pelt werden soll, über­ließ er dem Pianisten. Der kann es vorher fest­legen oder impro­vi­sieren. Man kann sich das ähnlich vorstellen, wie wenn man ein Stück regis­triert.

Wie und wo haben Sie das Duplex Piano für die Aufnahme gefunden?

Ich habe welt­weit gesucht. Im Metro­po­litan Museum in New York fand ich ein Duplex Piano von Bösen­dorfer. Im Instru­menten-Museum in Berlin steht eines von Pleyel. Auf weitere stieß ich bei Instru­men­ten­bauern. Aber sie waren alle nicht spielbar. Schließ­lich fand ich einen Klavier­bauer in Schleswig-Holstein, der auf seiner Website ein Foto von einem Duplex Piano zeigte. Er gab mir den Hinweis auf ein Schloss in Schleswig-Holstein, in dem sich ein solcher Flügel befinden solle. Dieses Schloss stand in Verbin­dung mit dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, das von dem Sammler Andreas Beur­mann eine große Anzahl histo­ri­scher Tasten­in­stru­mente besitzt. Der Flügel war in dem Schloss geblieben, in dem Beur­mann einst gelebt hatte. Er stand dort unter einem Blumen­strauß zur Deko­ra­tion. Seinen Wert hatte niemand erkannt. Aber ich hatte das Gefühl, dass in ihm Poten­zial schlum­merte und Beur­manns Frau gab mir die Geneh­mi­gung, ihn zu nutzen.

David Strom­berg und Florian Uhlig geben Einblick in ihr Album und spielen den ersten Satz der Sonate op. 22 von Emanuel Moór.

War Florian Uhlig gleich bereit darauf zu spielen, oder mussten Sie ihn über­zeugen?

Er sagte sofort zu, noch bevor er auf dem Flügel gespielt hatte.

Wie war es für ihn, darauf zu spielen?

Es war schwer im wahrsten Sinne des Wortes. Wir ließen das Anschlags­ge­wicht ausmessen. Bereits unge­kop­pelt erfor­derte der Flügel ein erhöhtes Anschlags­ge­wicht von 70 Gramm. Mit akti­vierter Kopp­lung erfor­dert er 180 Gramm, also mehr als das Doppelte. Damit wird es unglaub­lich mühsam für den Pianisten. Er muss viel Kraft aufwenden und zugleich Fein­füh­lig­keit mitbringen, um trotz des erhöhten Anschlags­ge­wichts diffe­ren­ziert und sensibel zu musi­zieren. Wir probten und spielten gemein­same Übungs­kon­zerte. Es war ein verrücktes Risiko. Aber als der Flügel im Studio stand, ahnten wir, dass es ein gutes Projekt sein würde. Der Flügel ist ein klang­li­ches Ereignis.

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In der Elbphilharmonie Hamburg findet am 27. September 2023, am 19. Februar 2024 und am 27. Juni 2024 die zweite Staffel der Emanuel Moór Konzertreihe mit dem Duplex Piano statt. Zur Aufführung kommt jeweils eine Komposition von Moór, begleitet von Werken anderer Komponisten. Das Duplex Piano spielt Florian Uhlig. Cellist ist David Stromberg. Zu den weiteren Mitwirkenden gehören die Geiger Niklas Liepe, Andrej Bielow und Albrecht Menzel, die Bratschisten Anna Kreetta Gribajcevic und Hartmut Rohde sowie die Klarinettistin Shirley Brill.

Weitere Informationen zu dem Cellisten David Stromberg: www.davidstromberg.de

Fotos: Raimar von Wienskowski