Dovid Bergelson

Opfer von Stalins Para­noia

von Teresa Pieschacón Raphael

30. Juni 2023

Der Band »Die Welt möge Zeuge sein« enthält ausgewählte Prosa und einen Dramenausschnitt des jiddischsprachigen Dichters Dovid Bergelson, der in der »Nacht der ermordeten Dichter« 1952 in Moskau hingerichtet wurde.

„Die Nacht der ermor­deten Dichter“: Was hier wie ein Film-oder Buch­titel klingt, wurde für zahl­reiche jüdi­sche Schrift­steller in Moskau in der Nacht vom 12. auf den 13. August 1952 zur bitteren Realität. In dieser Nacht wurde auch Dovid Bergelson (geboren 1884 im Gouver­ne­ment Kiew) hinge­richtet. Als Mitglied des Jüdi­schen Anti­fa­schis­ti­schen Komi­tees (JAK), das im Zweiten Welt­kriegs auf Veran­las­sung der sowje­ti­schen Regie­rung geschaffen worden war, um den Krieg gegen die NS-Diktatur zu gewinnen, wurde er nun Opfer von Stalins juden­feind­li­cher und blut­rüns­tiger Para­noia. Seine in Jiddisch verfassten Werke durften nicht mehr erscheinen. Mit Bergel­sons eindring­li­chen Texten und Erzäh­lungen und eines 70 Seiten langen Anhangs ehrt Sabine Koller das Œuvre eines Dich­ters, der in den 1920er-Jahren einer der bekann­testen jiddi­schen Autoren war und in Berlin in Kontakt mit Franz Kafka und Alfred Döblin kam, bevor er sich dem Sozia­lis­ti­schen Realismus zuwandte und in seine Heimat zurück­kehrte. „Ich weiß, dass ich nicht mehr lange zu leben habe, doch ich liebe es (das Jiddi­sche) wie ein liebender Sohn die Mutter“, waren (laut Verhör­pro­to­koll) seine letzten Worte.

Fotos: Yivo Archive