Salzburger Mozartwoche 2020
„Ich erwarte Magie“
von Ruth Renée Reif
22. Dezember 2019
Die Salzburger Mozartwoche von 23. Januar bis 2. Februar 2020 zeigt Mozart in all seinen Facetten. Intendant Rolando Villazón stellt das Programm vor.
»Mozart ist für mich der wichtigste Komponist.«
Rolando Villazón
Mozart sei für ihn „der wichtigste Komponist“, betont Rolando Villazón. Er gehöre nicht nur zu „den wichtigsten und vielseitigsten Komponisten der Geschichte“, sondern sei auch „der beliebteste Komponist aller Zeiten“. So könne es auf jeden Fall ein Festival mit „nur“ Mozart geben. „Mozart pur“ bescherte Villazón im ersten Jahr seiner Intendanz der Salzburger Mozartwoche einen enormen Erfolg beim Publikum. Auch 2020 widmet er sich in seinem Programm ausschließlich den Kompositionen Mozarts. „Unerschöpflich“, nennt er dessen Werk und ist mit Blick auf seine Intendanz überzeugt: „Uns wird garantiert nicht langweilig in den nächsten vier Jahren.“
Die vier Solisten, der Klarinettist Andreas Ottensamer, der Hornist Radek Baborák, der Flötist
(Fotos: © Katja Ruge / Decca, © Radek Baborák, © Josef Fischnaller, © Uwe Arens)
Einen Schwerpunkt legt Villazón in seiner zweiten Spielzeit auf jene Kompositionen, die Mozart für Blech- und Holzbläser schrieb. Die vier Solisten, der Klarinettist Andreas Ottensamer, der Hornist Radek Baborák, der Flötist Emmanuel Pahud und der Oboist François Leleux, nähern sich damit auch vier Freundschaften Mozarts an. „Musik funktioniert nur gemeinsam“, sagt Villazón und erzählt, wie er durch die Musik einige sehr enge Freundschaften geschlossen habe: „Daniel Barenboim zum Beispiel ist einer meiner engsten Freunde.“
Beginnen einen neuen Zyklus mit Mozarts letzten Sinfonien:
Daniel Barenboim und die Wiener Philharmoniker
(Foto: © Holger Kettner)
Als Dirigent und Solist der Wiener Philharmoniker beginnt Barenboim einen neuen Zyklus mit Mozarts letzten zehn Sinfonien und seinen letzten acht Klavierkonzerten, der sich über die nächsten vier Jahre erstreckt. Mit dem ebenfalls aus Salzburg stammenden Hornisten Joseph Leutgeb, der sich in Wien als Käsehändler niedergelassen hatte, trieb Mozart seine mitunter derben Späße. Leutgeb, der wesentlich älter war als Mozart, ließ es sich gefallen und diente bereitwillig als Hofnarr. So findet sich im Autograf des Hornkonzerts Es-Dur KV 417, das Baborák mit der Camerata Salzburg zur Aufführung bringt, der Vermerk: „Wolfgang Amadé Mozart hat sich über den Leutgeb, Esel Ochs und Narr erbarmt in Wien am 27. May 1783“.
Pùnkitititi lautet der Titel des Mozart-Stücks, das der Künstler Doug Fitch
für das Salzburger Marionettentheater entwirft.
Villazón liebt nach eigenen Worten Mozarts Humor. „Es gibt wenige Menschen, mit denen ich so gerne lache, wie mit ihm“, bekennt er. „Seine Briefe sind für mich ein nicht enden wollender Quell an Freude.“ In diesen Briefen verwendete Mozart immer wieder neue Variationen seines Familiennamens. Er hatte Spaß daran, mit Namen zu spielen. So erzählte er 1787 in einem Brief, wie er und seine Begleiter sich auf der Reise nach Prag Namen erfunden hätten. Seine Frau Constanze war „SchablaPumfa“. Sein Logenbruder Anton Stadler bekam den Namen „Nàtschibinitschibi“. Er selbst nannte sich „Pùnkitititi“. Der Künstler Doug Fitch greift diesen Namen auf und setzt ihn als Titel über ein Mozart-Stück, das er für das Salzburger Marionettentheater entwirft.
Möchte verschiedene Perspektiven auf Mozart ermöglichen: Rolando Villazón als Regisseur
Angeregt von Divertimenti, die Mozart ausschließlich für Blasinstrumente schrieb, sind auch die sieben Dramolette, die am Salzburger Landestheater zur Uraufführung kommen. Es gehe darum, „verschiedene Perspektiven auf Mozart“ zu öffnen, erläutert Villazón das Projekt. So habe man „sieben wichtigen Autoren aus verschiedenen Teilen der Welt“ die Möglichkeit gegeben, sich von Mozart inspirieren zu lassen. Herausgekommen seien „extrem unterschiedliche Stücke, bei denen die Musik eine sehr wichtige, aber indirekte Rolle spielt“. Villazón setzt sie unter dem Titel Mozart Moves! mit dem Choreografen Reginaldo Oliveira in Szene.
Regula Mühlemann zählt zu den Mitwirkenden an der konzertanten
Aufführung von Mozarts Le nozze di Figaro. (Foto: © Guido Werner)
Und als Regisseur besorgt Villazón auch die szenische Einrichtung der konzertanten Aufführung von Mozarts Le nozze di Figaro, einer Opera buffa, die auf einem Revolutionsdrama basiert. Zu den Ausführenden gehören u.a. Florian Boesch, Christiane Karg und Regula Mühlemann sowie Sir András Schiff und seine Cappella Andrea Barca.
Hat bei der Mozartwoche eine lange Geschichte: Sir András Schiff und seine Cappella Andrea Barca
„Sir András ist für mich einer der genialsten Mozart-Interpreten überhaupt“, schwärmt Villazón, und er verweist auf dessen zahlreiche Auftritte bei der Mozartwoche. Die kompletten Klaviersonaten und Klavierkonzerte habe Sir András zyklisch aufgeführt, und seit 1999 komme er jedes Jahr mit seiner Barca nach Salzburg. Als seine Intendantentätigkeit begonnen habe, erläutert Villazón, „war es mein Wunsch, einen neuen Zyklus mit ihm zu beginnen. Der Da Ponte-Zyklus war sein großer Wunsch und passte für mich perfekt in dieser semi-konzertanten Version.“ Die Aufführung des Zyklus solle chronologisch in den nächsten drei Jahren erfolgen und daher mit Figaro und einsetzen.
Wirken mit an der Aufführung von Mozarts Messias-Bearbeitung:
Marc Minkowski und Les Musiciens du Louvre
(Foto: © Benjamin_Chelly)
Ein herausragendes Ereignis im Programm der Mozartwoche ist die Wiederkehr von Robert Wilson. Im Haus für Mozart inszeniert er mit einem Solistenensemble, dem Philharmonia Chor Wien sowie Marc Minkowski und Les Musiciens du Louvre Messias, eines der vier Händel-Oratorien, die Mozart im Auftrag seines Freundes Baron van Swieten überarbeitet hat. Wilson ist bekannt für außergewöhnliche Inszenierungen, und Villazón übertreibt sicher nicht, wenn er sagt: „Ich erwarte Magie.“ Auf einen „ganz besonderen, spirituellen Abend“ könne das Publikum sich freuen.
Verspricht einen besonderen, spirituellen Abend: Robert Wilson
(Foto: © Hsu Ping)
In der Tat wurde Wilson als „Theatermagier“ bekannt. Inspiriert von dem Tänzer Merce Cunningham und seiner eigenen Theaterarbeit mit gehörlosen Kindern sowie der Beschäftigung mit Farben, Formen und Licht, fand er in seinen Inszenierungen zu einer Sinnlichkeit der Darstellung, die den Zuschauer in seiner ganzen Körperlichkeit erfasst. Der Körper sehe und fühle, ist Wilson überzeugt. „Überglücklich“ sei er gewesen, berichtet Villazón, als Wilson und Minkowski zusagten. Auf Messias sei die Wahl gefallen, weil Mozart besonders die Bläserstimmen neu bearbeitet hat, deshalb passe das Stück so gut zum Bläserschwerpunkt. Für Wilson ist Messias „ein großartiges Werk“, weil es, wie alle großen Werke von der Hoffnung spreche: „Es geht immer um die Hoffnung, an der wir uns aufrichten.“
Bestreitet das Eröffnungskonzert: das Mozarteumorchester Salzburg
(Foto: © Nancy Horowitz)
„Wenn man etwas macht, muss man es mit allen Mitteln machen, oder man lässt es bleiben“, formulierte Villazón als Opernsänger einmal sein Credo. Und es gilt ebenso für seine Tätigkeit als Intendant. Das lässt er in jedem einzelnen Programmpunkt spüren. Immer wieder steht er auch selbst auf der Bühne, sei es als Moderator im Eröffnungskonzert mit dem Mozarteumorchester Salzburg unter Kristina Poska oder als Gesprächspartner von Ottensamer, Mitgliedern der Camerata Salzburg oder Ulrich Leisinger, dem Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung der Internationalen Stiftung Mozarteum.
Zum Abschluss der Mozartwoche dirigiert Daniel Harding das Mahler Chamber Orchestra. (Foto: © Molina Visuals)
Zu Mozarts Geburtstag am 27. Januar, den die Mozartwoche traditionell umrankt, begibt sich Villazón mit Mariachis auf den Platz vor Mozarts Geburtshaus, den Mozartplatz und den Platz vor Mozarts Wohnhaus, um eine Serenata Mexicana zu singen. Er wünscht sich die Mozartwoche als Festival, „zu dem jeder Mozart-Kenner und ‑Liebhaber gerne kommt, weil er bei uns die besten Künstler und größten Mozart-Interpreten erleben kann“. Und als ein Festival, „an dem die ganze Stadt teilhaben kann, bei dem jeder, der neugierig ist, etwas findet“. Auf allen Bühnen der Stadt solle die Mozartwoche präsent sein, und alle seien eingeladen, „Mozart in all seinen Facetten – ernst, traurig, ludisch, lustig – zu erleben“. Zum Abschluss dirigiert Daniel Harding das Mahler Chamber Orchestra in einer Gala, die auch schon das Thema des Jahres 2021 anklingen lässt.
Weitere Informationen: www.mozarteum.at