Medien | Igor Levit

Innen­schau

von Klaus Kalchschmid

9. November 2021

Konzentration, Kraft und Flexibilität! Igor Levit hat auf On DSCH zwei große Zyklen vorgelegt: Schostakowitsch „24 Präludien und Fugen“ und Robert Stevensons „21-teilige Passacaglia on DSCH“.

Igor Levits Projekte werden scheinbar immer mons­tröser. Hört man aber die fast vier Stunden seiner neuen Drei-CD-Box, dann findet sich bei Dmitri Schost­a­ko­witschs 48 Prälu­dien und Fugen auch jede Menge Intimes, Kontem­pla­tives, Zurück­ge­nom­menes. Noch mehr als beim Live-Auftritt in vor fünf Jahren betreibt Levit mit diesem Wohl­tem­pe­rierten Klavier des 20. Jahr­hun­derts, kompo­niert 1950/1951, vor allem im ersten Teil eine Innen­schau. Danach wird es immer mal wieder virtuos, und so über­rascht CD drei nicht mehr. Sie enthält mit den 300 Varia­tionen der Passa­ca­glia on DSCH von Ronald Stevenson wahr­lich Gigan­ti­sches.

Igor Levit
Über­mensch­liche Konzen­tra­tion:
(Foto: Felix Broede)

Das Mono­gramm Dmitri Schost­a­ko­witschs sind bekannt­lich D, Es, C und H, also ein Vierton-Motiv, das dem berühmten BACH nicht unähn­lich ist. Deshalb ist ihm auch fast der ganze dritte Teil der Passa­ca­glia gewidmet. In ihr fährt Stevenson 1962 alle Genres und Gattungen der Musik­ge­schichte auf: von Sonate über Suite bis (Tripel-)Fuge, Walzer, Fandango und Marsch. Das sorgt für 80 origi­nelle Minuten ohne eine Sekunde Lange­weile, in denen nur selten ein Nocturne oder eine Rêverie Entspan­nung bieten. Vom Pianisten erfor­dert das eine schier über­mensch­liche Konzen­tra­tion, Kraft und Flexi­bi­lität. Aber all das besitzt Levit ja im Übermaß.

Fotos: Felix Broede