Jürgen Flimm
Biedermeier-Revue
von Roland H. Dippel
21. April 2020
Jürgen Flimms Inszenierung von Robert Schumanns „Faust-Szenen“ in der Ausstattung von Markus Lüperts und mit Daniel Barenboim am Pult der Staatskapelle auf zwei CDs.
Robert Schumann kann man schwerlich vorwerfen, er habe in seinen Faust-Szenen Teile der Tragödie Goethes aus biedermeierlicher Spießerperspektive vertont.
Jürgen Flimm aber setzt zwischen zwei portalhohen Figuren und den bunten Wänden von Markus Lüpertz ein Spektakel in Szene, das alles feiert, was geht: Von Goethes Schau auf die Welt bleiben die ästhetisierende Suche nach dem schönen Augenblick und von seinen Reflexen auf die Industrielle Revolution eine typgerechte Wichtel-Parade des Kinderchors. Musikalisch ist alles vom Feinsten: Ein markant-sensibler Roman Trekel in der Titelpartie und neben ihm viele Solisten, die das Profil der Deutschen Staatsoper kontinuierlich bereichern. Die Staatskapelle macht die zwischen Kantate, Oratorium und Oper angesiedelte Partitur unter Daniel Barenboim zum Fest – bis zum Finale, bei dem sich Gretchen mit den bereits ihrer Mutter verabreichten K.O.-Tropfen abschießt.