Kristjan Järvi: „Nordic Escapes”, Liisi Koikson, David Nebel, Nordic Pulse Ensemble, Baltic Sea Philharmonic, London Symphony Orchestra (Modern Recordings)

Kristjan Järvi

Klang­ge­wor­dene Seelen­räume

von Fabian Stallknecht

24. September 2020

Kristjan Järvi entwirft auf dem Album „Nordic Escapes“ mit seinen Kompositionen suggestive Klangräume.

Der in mini­ma­lis­ti­sches Schwarz geklei­dete Diri­gent posiert mit blanken Tier­schä­deln inmitten eines magi­schen Zirkels, dazu Fotos nordi­scher Land­schaften von rauer und irrealer Schön­heit, geheim­nis­voller Schau­platz von Sagen und Mythen – viel stil­voller lässt sich ein CD-Booklet kaum gestalten. Nun möchte , jüngster Spross der berühmten estni­schen Diri­genten-Dynastie, seine Musik nicht einfach als Natur, die man hören kann, verstanden wissen, sondern als klang­ge­wor­dene Seelen­räume, als eine Reise ins Innere, die von Polar­lich­tern und kurzen Sommern und von einem „Nebula“ genannten Schleier des Bewusst­seins erzählt; zugleich der Titel des zentralen Satzes von „Nordic Escapes“.

Sinn­liche Kraft und Vita­lität

Kristjan Järvi
Unter­nimmt mit seinen Kompo­si­tionen eine Reise ins Innere, die von Polar­lich­tern und kurzen Sommern erzählt: Kristjan Järvi
(Foto: © Siiri Kumari)

Das mag auf den ersten Blick esote­risch anmuten, die Musik selbst entfaltet jedoch eine unge­mein sinn­liche Kraft und Vita­lität. Remi­nis­zenzen an Arvo Pärt, Sibe­lius und die New Clas­sics eines Vangelis oder sind unver­kennbar. Doch entwi­ckelt Järvi auch als Kompo­nist ein eigenes Profil, entwirft sugges­tive Klang­räume, verbindet das klas­si­sche Orchester gekonnt mit elek­tro­ni­schen Klängen und setzt mit den Soli von Geige und Posaune, Glocken und Voka­lisen reiz­volle Akzente. Eine unge­wöhn­liche und sehr sugges­tive CD, eine Seelen­reise, für die man sich Zeit nehmen sollte.