Michael Spyres
Farbenprächtige Wiederentdeckung
von Ruth Renée Reif
8. Oktober 2020
Michael Spyres verkörperte an der Seite von Florie Valiquette die Titelpartie in Adolphe Adams Opéra-comique Le Postillon de Lonjumeaux an der Opéra-Comique in Paris.
Überbordende, fantasievolle Bühnenbilder in allen Farben und voll verspielter Schnörkel und anderer Verzierungen, dazu grell bunte, mit allerlei Zierrat überreich geschmückte Kostüme und eine komödiantisch Darstellung – der Komiker und Regisseur Michel Fau setzte Adolphe Adams Opéra-comique Le Postillon de Lonjumeaux an der Opéra-Comique in Paris, jenem Haus, in dem am 13. Oktober 1836 die Uraufführung stattfand, als schwungvolles Spektakel in Szene. Die Vorgaben, die das Stück mit seiner Handlung quer durch alle sozialen Schichten, den Verstellungen und Verkleidungen bildet, schöpft er wirkungsvoll aus. Als Kammerfrau Rose wirft er sich selbst in das Geschehen.
Mit über 50 opéra-comiques galt Adolphe Adam als der bedeutendste Komponist dieser Gattung im Frankreich zwischen den beiden Kaiserreichen. „Mein einziges Ziel ist es“, so betonte er, „Musik zu schreiben, die klar ist, leicht verständlich und unterhaltsam für das Publikum.“ Das scheint ihm gelungen zu sein.
Und wenn seine Opern auch weitgehend vergessen sind, seine Melodien sind es nicht. So wurde etwa das Postillonlied Freunde, vernehmet die Geschichte mit dem hohen D zu einer Paradenummer für Tenöre.
Auch Michael Spyres brilliert damit. Er verkörpert an der Seite der Sopranistin Florie Valiquette als Madeleine / Madame de Latour den Postillon Chapelou, der unter dem Künstlernamen Saint-Phar zum gefeierten Sänger avanciert und sich zweimal in dieselbe Frau verliebt.
Wenn etwas die optischen Reize dieser Inszenierung übertreffen kann, dann sind es die Stimmen. Nicht nur die beiden Hauptrollen, auch die anderen Figuren sind großartig besetzt. Am Pult des Opernorchesters steht Sébastien Rouland. Und am Ende allen Klamauks bleibt die tröstliche Botschaft, dass die Kraft, die über alle gesellschaftlichen Um- und Aufbrüche Bestand hat, die Liebe ist.