Leif Ove Andsnes
Stimmungsbilder
von Jens Laurson
14. April 2023
Leif Ove Andsnes erweckt auf seinem Album den vergessenen Klavierzyklus »Poetische Stimmungsbilder« von Antonín Dvořák zu neuem musikalischen Leben.
Leif Ove Andsnes, der schon vor über zwei Jahrzehnten auf dem weiter andauernden Höhepunkt seiner Karriere war, ist geradezu unbemerkt zu einer pianistischen Galionsfigur unserer Zeit geworden. Ein edler Tastenforscher mit mehr Tiefgang als Bravura-Attitüde; geschätzt von der Kritik und gleichsam populär. Der Alfred Brendel dieser Generation? Mit seinem Album widmet Andsnes sich den Poetischen Stimmungsbildern (Poetické nálady) op. 85 von Antonín Dvořák, einem unter dem Radar fliegenden, aber, wie sich herausstellt, hervorragenden Klavierzyklus, der jegliche ihm zukommende Aufmerksamkeit verdient.
Andsnes« Spiel ist ein liebevolles Schlendern, das auch Erik Satie gut zu Gesicht stehen würde, und er strahlt eine diesem Werk sehr zuträgliche innere Ruhe auch in den oberflächlich wilden Momenten dieser dreizehn Stücke aus. Dabei gibt es weder akustische „Dvořákismen“ noch Epigonales: Es hat seinen eigenen Charakter in einem generellen Umfeld von Chopin, Grieg, Debussy, und eventuell noch Schumann. (Und nichts von Brahms.)
Bei so vielen unbekannten Werken großer Komponisten, deren konvulsiver, ewiger Wiederentdeckung wir (zu Recht) ausgesetzt sind, nur um beruhigt wieder den Deckel d’rauf zu machen, für die nächsten 15 Jahre, sind die Dvořák’schen Stimmungsbilder, auch wenn sie es nicht ins Repertoire schaffen, ein reiner Hörgewinn. Eignung für ein spätabendliches Rate-den-Komponisten Gesellschaftsspiel unter Gleichgesinnten: 10/10!
Auftrittstermine und weitere Informationen zum dem Pianisten Leif Ove Andsnes: leifoveandsnes.com