Ludwigsburger Schlossfestspiele

»Bleibt weg, ’s ist nicht weis’!«

von Ruth Renée Reif

25. Januar 2023

Als »Fest der Künste, Demokratie und Nachhaltigkeit« setzen die Ludwigsburger Schlossfestspiele sich mit dem Krieg auseinander.

„In Zeiten der rohen Natur­ge­walten (Regen­güsse, Schnee­fälle, Bankerotte usw.) halte man sich an die Aben­teuer kühner Männer und Frauen in fremden Erdteilen“, rät in der „Anlei­tung zum Gebrauch der einzelnen Lektionen“ seiner Haus­pos­tille. „Das Schieß­ge­wehr schießt, und das Spieß­messer spießt / Und das Wasser frißt auf, die drin waten. / Was könnt ihr gegen Eis? Bleibt weg, ’s ist nicht weis«!“ liest mit Hans-Jörn Bran­den­burg am Harmo­nium aus dem 1927 in Anspie­lung an Martin Luthers zur Erbauung der Leser heraus­ge­ge­benen Predigten beti­telten Gedicht­band.

Vitali Alekseenok am Pult des Ludwigsburger Festspielorchesters
am Pult des Fest­spiel­or­ches­ters

Es gebe kaum etwas, das besser sei gegen den Krieg als Musik, erklärt der Inten­dant Jochen Sandig, der die Ludwigs­burger Schloss­fest­spiele seit 2019 als „Fest der Künste, Demo­kratie und Nach­hal­tig­keit“ program­miert. Zur Eröff­nung diri­giert Vitali Alek­seenok das Orchester der Fest­spiele bei der Auffüh­rung von Pjotr Tschai­kow­skis Sechster Sinfonie Pathé­tique. Aleek­senok stammt aus Belarus. Im Sommer 2020 betei­ligte er sich an der Protest­be­we­gung in Minsk und veröf­fent­lichte unter dem Titel Die weißen Tage von Minsk ein Buch über den Traum von einem freien Belarus. Im Nach­bar­land Ukraine leitete er 2021 am Opern­haus Kiew die erste ukrai­ni­sche Auffüh­rung von Richard Wagners Tristan und Isolde. Die Solistin von Beet­ho­vens Violin­kon­zert ist die aus der Ukraine stam­mende Geigerin Diana Tish­chenko.

Israel Galvan
Der Choreo­graf und Tänzer Israel Galván

Der Choreo­graf und Tänzer Israel Galván greift für seine Solo­per­for­mance u.a. Frederic Rzew­skis Kompo­si­tion Winns­boro Cotton Mill Blues auf. Rzewski erin­nert mit dem Werk an eine Demons­tra­tion aus den 1930er-Jahren, als Arbeiter in der Textil­fa­brik von Winns­boro zu singen begannen, um auf die Not der Fabrik­ar­beiter hinzu­weisen.

Das Babylon Orchestra
Das Babylon Orchestra

Mit Pina Bauschs Choreo­grafie Voll­mond kommt das Tanz­theater Wuppertal nach Ludwigs­burg. Wasser ist das zentrale Element dieser elegi­schen Tanz­per­for­mance, die mit dem Schwingen von Wasser­fla­schen zu trance­ar­tiger Acid-House-Music beginnt und in einem rausch­haften Finale auf einer unter Wasser stehenden Bühne endet. Um Wasser geht es auch beim Auftritt des Babylon Orchestra mit Liedern, die zeigen, wie sich das Meer in die Geschichte der Menschen einschreibt.

Konan Azmeh und das Ensemble Brooklyn Ryders
Der Klari­net­tist und das Ensemble Brooklyn Ryder

Der Geiger Colin Jacobsen, gastiert mit seinem Ensemble Brooklyn Ryder sowie seinen Kompo­si­tionen A Mirror for a Prince und das dem Physiker und Erfinder der Elek­tron-Kern-Doppel­re­so­nanz George Feher gewid­mete Star­lighter. Zu den Mitwir­kenden gehört auch der Klari­net­tist Kinan Azmeh. Von ihm ist u.a. die zu Zeiten der Pandemie entstan­dene Kompo­si­tion Dabke on Martense Street zu hören, die mit dem syri­schen Tanz Dabke auf einer Straße Brook­lyns ein Block­fest imagi­niert.

Collegium Vocale Gent
Das Colle­gium Vocale Gent

Der Diri­gent zeigt mit seinem Ensemble Colle­gium Vocale Gent, dass es die Ausbeu­tung der Kolo­nien und ihrer Menschen waren, die Spanien von 1550 bis 1660 ein Goldenes Zeit­alter bescherten. Zur Auffüh­rung bringt er das Toten­of­fi­zium, das Tomás Luis de Victoria anläss­lich der Trau­er­fei­er­lich­keiten für die verstor­bene Kaiser­witwe Maria von Spanien im Jahr 1603 kompo­nierte. Und zum Abschluss gibt es ein Feuer­werk mit Kompo­si­tionen von Leonard Bern­stein, George Gershwin, Georges Bizet, und sowie Alberto Ginas­teras von der Musik der Gauchos inspi­rierten Ballett-Suite Estancia.

>

Weitere Aufführungen und Informationen über die Ludwigsburger Schlossfestspiele von 11. Mai 2023 bis 22. Juli 2023 auf: www.schlossfestspiele.de

Fotos: Werner Kuhnle, Reiner Pfisterer, Nicolas Serve, Andreas Lang, Shervin Lainez, Eric de Mildt