Marek Janowski
Differenziert
19. Oktober 2021
Agogisch differenziert! Marek Janowski dirigiert die Dresdner Philharmonie bei der Aufnahme von Beethoven Oper Fidelio mit Christian Elsner als Florestan und Lise Davidsen als Leonore.
Historische Aufführungspraxis, stilistische Experimente oder Tempo-Extreme in die eine oder andere Richtung sind eher nicht zu erwarten, wenn Marek Janowski zum Taktstock greift, und sie finden gemeinhin anderswo statt. Mit seiner Dresdner Philharmonie hat der 82-jährige Doyen nun eine im besten Sinne traditionelle Einspielung des Fidelio vorgelegt, die eigentlich als Konzertmitschnitt geplant war. Wie so viele Aufführungen fiel sie dem Corona-Lockdown zum Opfer und wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber mit nicht weniger Einsatz und Herzblut, produziert.
Dass „traditionell“ nicht notwendigerweise verzopft oder langweilig sein muss, beweist das farbenreiche und agogisch differenzierte Orchesterspiel, bei sogar relativ straffen Tempi, welche die Handlung vorantreiben und dennoch Raum für die kontemplativen Momente lassen. Auf die gesprochenen Dialoge hingegen könnte man gerne verzichten. Das Solistenensemble ist namhaft besetzt und hat seine Höhepunkte in der beeindruckenden energetischen Riesenstimme von Lise Davidsen als Leonore, dem pointiert geschliffenen Johannes Martin Kränzle als Pizarro sowie den beiden balsamischen Bässen von Georg Zeppenfeld und Günther Groissböck als Rocco und Minister. Die Chöre der Dresdner Semperoper und des MDR runden die Aufnahme stimmungsvoll ab.