Maria Callas
Skandalträchtige Charismatikerin
von Corina Kolbe
21. Februar 2023
Eva Gesine Baur hat eine neue Callas-Biografie vorgelegt und will damit zu einem besseren Verständnis des Phänomens »Maria Callas« beitragen.
Maria Callas war schon lange vor ihrem Tod eine Legende, entsprechend viel ist über sie berichtet worden. Um das Faszinosum der Operndiva noch tiefer zu ergründen, zeichnet Eva Gesine Baur in einer neuen Biografie das turbulente Leben der Callas in 30 detailreichen Kapiteln nach. Ein schwieriges Unterfangen, wie die Autorin gleich im Vorwort einräumt. Nicht nur die Sängerin selbst äußerte sich in Interviews und Briefen zu ihrer Person, wobei längst nicht alles für bare Münze zu nehmen ist. Auch eine kaum zu überblickende Schar von Zeitzeugen hat ein höchst widersprüchliches Bild von ihr entworfen. Baurs Spurensuche beginnt im Jahr 1937, als Evangelia Callas mit ihrer Tochter Maria aus den USA nach Griechenland zurückkehrte. In Athen wurde Maria Callas bald als Ausnahmetalent erkannt, von dort aus startete ihre internationale Bühnenkarriere. Baur spart auch dunkle Kapitel nicht aus, etwa Callas’ Nähe zu den italienischen und den deutschen Besatzern im Zweiten Weltkrieg. Vor Nazis sang sie die Hauptrolle in Eugen d’Alberts von Hitler besonders geschätzter Oper Tiefland.
In ihrem kurzweiligen Erzählstil beschreibt Baur Callas’ Aufstieg zur Ikone, ihre Erfolge an bedeutenden Opernhäusern wie der Mailänder Scala oder der New Yorker Met, ihren unaufhaltsamen Abstieg – und ein durch alle Höhe und Tiefen führendes Privatleben mit wechselnden Amouren. Von dem Reeder Aristoteles Onassis verlassen und von dem Regisseur Pier Paolo Pasolini enttäuscht, nahm die persönliche Tragödie schließlich ihren Lauf. „Ich denke über mich selbst nach, mein ‚frohlockendes‘ Schicksal, dass ich am Ende meines Lebens keine Freude, keine Freunde, nur Drogen haben werde“, notierte sie im September 1976, ein Jahr vor ihrem Tod in Paris. Sicher sei, dass die Neugier für Maria Callas als Frau das Interesse an der Künstlerin zugedeckt habe, schreibt Baur. Was die Callas auf der Opernbühne und darüber hinaus so einzigartig werden ließ, sei heute offenbar kaum jemandem bewusst. Ihr Buch soll nun zu einem besseren Verständnis dieses rätselhaften Phänomens beitragen.