Valery Gergiev

Letzte Dinge

von Corina Kolbe

9. August 2019

Valery Gergiev dirigiert die Münchner Philharmoniker bei Anton Bruckners als Fragment hinterlassener „Neunten Sinfonie“.

Während an der Neunten Sinfonie arbei­tete, hatte er seinen Tod vor Augen. Er widmete dieses Werk „dem lieben Gott“, in der Hoff­nung, dass ihm noch genug Zeit zum Kompo­nieren bliebe. Als er im Oktober 1876 starb, waren erst drei Sätze voll­endet. Der als Torso über­lie­ferte Schluss­satz hat viele Forscher zu Rekon­struk­ti­ons­ver­su­chen ange­regt. Der gängigen Praxis entspre­chend, verzichten und die aller­dings auf eine Auffüh­rung von Final­satz­frag­menten und lassen die Sinfonie mit dem „Adagio“ enden. Im Eigen­label ist ein hörens­werter Mitschnitt aus der Stifts­ba­si­lika St. Florian erschienen, an der Bruckner als Domor­ga­nist wirkte. Mit seinem Orchester arbeitet Gergiev Stei­ge­rungen und Klang­blöcke im gewal­tigen Kopf­satz plas­tisch hervor, während das kantable Seiten­thema lyri­sche Strahl­kraft entfaltet. Das aufwüh­lende Scherzo mit seinen Disso­nanzen offen­bart sich als dämo­nisch, bevor das elegi­sche Adagio, Bruck­ners „Abschied vom Leben“, auf eine Auflö­sung im Unhör­baren zustrebt.