Nino Gvetadze

Geister der Vergan­gen­heit

von Attila Csampai

6. Februar 2018

„Ghosts“ nennt die aus Georgien stammende Pianistin Nino Gvetadze ihr neues Chopin-Album, in dessen Mittelpunkt ihre düster-nachdenkliche Deutung der Préludes des Klavierrevolutionärs steht.

„Ghosts“ nennt die aus stam­mende Pianistin ihr neues Chopin-Album, in dessen Mittel­punkt ihre düster-nach­denk­liche Deutung der Préludes des polni­schen Klavier­re­vo­lu­tio­närs steht: Sie beschwört auf ihrem erstaun­lich dunkel klin­genden Steinway-D-Flügel die Geister der Vergan­gen­heit und deutet diese 24 enig­ma­ti­schen Minia­turen als Traum­bilder der Nacht, als poeti­sche Refle­xionen über die unaus­weich­liche Exis­tenz des Todes. Damit entwirft die in lebende Pianistin die dunkle Gegen­welt etwa zu der jugend­lich unge­stümen, lebendig pulsie­renden Refe­renz­ein­spie­lung Ivo Pogo­re­lichs aus dem Jahr 1989, die entschieden allen Todes­ge­danken trotzte. Auch Gvetadze erzählt uns eine zusam­men­hän­gende Geschichte, setzt 24-mal die Schön­heit des Gedan­kens und das Drama der Verzweif­lung gegen das drohende Nichts. Doch sie entlockt diesen „Vorspielen“ eine tiefe spiri­tu­elle Kraft, die sofort auch den Hörer bannt und ihn die eigent­liche tragi­sche Größe dieser Nacht­stücke erleben lässt. Ob Chopin damit schon früh ein schmerz­li­ches Resümee seines kurzen Lebens ziehen wollte, wie sie im Booklet meint, ist dennoch frag­lich: Dass diese Apho­rismen aber die Essenz seines Schaf­fens und seiner musi­ka­li­schen Welt­sicht darstellen, das unter­streicht diese fesselnde Einspie­lung auf beson­dere Weise.