Piotr Anderszewski

Innere Aben­teu­er­reise

von Christoph Schlüren

30. Juni 2021

Piotr Anderszewski lässt Bachs Musik in ihrer Größe und Mannigfaltigkeit auferstehen.

Mit stellt einer der fraglos über­ra­genden Pianisten unserer Zeit die Hälfte (12 Prälu­dien und Fugen) des zweiten Bandes von Bachs Wohl­tem­pe­riertem Klavier in einer selbst nach harmo­ni­schen Verwandt­schaften geglie­derten Abfolge zusammen. Das Ganze ist weit mehr als eine sinn­fäl­lige Modu­la­tion von C‑Dur nach h‑moll. Es ist eine Art Wohl­tem­pe­rierte-Klavier-Sinfonie, und, natür­lich auf modernem Flügel, eines der schönsten Bach-Alben der Geschichte geworden.

Piotr Anderszewski
Geht auf in der Musik: Piotr Ander­szewski

Nicht nur, dass Ander­szewski mit seiner gesang­li­chen Phra­sie­rung und unend­li­chen Schat­tie­rungs­kunst den Hörer voll­kommen gewalt­frei auf eine innere Aben­teu­er­reise mitnimmt. Sein niemals mecha­ni­scher Rhythmus atmet und ‚groovt‘, die Poly­fonie ist absolut durch­ge­staltet und trans­pa­rent im dyna­mi­schen Wech­sel­spiel, und jedes Prälu­dium, jede Fuge entfaltet ihren indi­vi­du­ellen Charakter und formt sich wie von selbst, indem der Pianist ganz in der Musik aufgeht. Hier findet sich kein inter­pre­tie­render Eigen­wille, und gerade darum ersteht die Musik Bachs in unwi­der­steh­li­cher Größe, Mannig­fal­tig­keit und Geschlos­sen­heit.