Robert Levin
Vollendet an Mozarts Klavier
von Jens Laurson
30. September 2022
Robert Levin hat auf sieben CDs die Klaviersonaten Wolfgang Amadeus Mozarts an dessen Fortepiano in Salzburg eingespielt.
Als die historische Aufführungspraxis in ihren späten Kinderschuhen, Mitte der 1990er-Jahre, breitentauglich wurde, war Robert Levin die erste Adresse in Sachen Hammerklavier. Sein Zyklus der Beethoven’schen Klavierkonzerte (mit John Eliot Gardiner) war die erste Wahl; sein Mozart (mit Christopher Hogwood; damals unvollendet, aber die Academy of Ancient Music arbeitet mit Levin gerade daran, den Zyklus zu ihrem 50. Jubiläum nächste Saison zu komplettieren) ohrenöffnend. Levin war der am wenigsten „professorale“ unter den Pianisten-Musikologen; seine Instrumente überdurchschnittlich wohlklingend. Seitdem hat sich allerdings viel getan, nicht zuletzt was die Qualität der historischen Instrumente und ihrer Nachbildungen (Paul McNulty!) betrifft.
Robert Levin geht in dieser vor fünf Jahren aufgenommenen Einspielung der Mozart’schen Klaviersonaten nicht diesen Weg, sondern einen Schritt weiter hin (zurück?) zur Historizität: Er spielt die Sonaten auf Mozarts eigenem Fortepiano, das man in Salzburg in Mozarts-Wohnhaus begutachten und ab und zu auch hören kann. Was an Authentizität gewonnen, so könnte man bekritteln, ist an Klang verloren, denn das Interessanteste an dem Instrument ist sein Vorbesitzer. Auch ist Levin nicht im gleichen Maße der vollkommene Pianist wie einige seiner modernen „Konkurrenten“. Aber Virtuosentum braucht es nicht in diesen Stücken, und Robert Levin spielt die 18 Sonaten, die Fantasie in c‑Moll und dazu drei von ihm vollendete Sonatensatzfragmente mit leichter, perlender Anmut. Amikale Verspieltheit würde nicht schaden, ob mit Kristian Bezuidenhout (Harmonia Mundi) oder, instrumentenunabhängig, William Youn (Oehms), um zwei der überzeugendsten modernen Zyklen zu nennen. Aber kompletter ist nur Ronald Brautigams Einspielung aller Mozartklavierstücke (BIS), und wer’s mit ultimativ historischem Mozartbezug haben will, wird an Levin fast sieben Stunden Hörvergnügen haben.