Rongfen Wang
Unterdrückung und Abermillionen Tote
von Antoinette Schmelter-Kaiser
7. März 2023
Die chinesische Menschenrechtsaktivistin Rongfen Wang erzählt in ihrem Roman »Steinway« von der Schreckensherrschaft der Kommunistischen Partei.
Der Titel „Steinway“ und die Abbildung eines Flügels wecken die Erwartung, dass sich der gleichnamige Roman um ein Instrument dieses Namens dreht. Es spielt auch eine Rolle, weil der Ich-Erzähler und seine hochtalentierte Schwester in den 1980er-Jahren auf ihm Klavier spielen lernen, nachdem es auf wundersamen Wegen in eine bescheidene chinesische Familie gelangt ist. Und auch weitere Besitzer des Steinways sind wichtig für den Verlauf der Handlung. Doch davon erzählt Rongfen Wang vor dem Hintergrund eines Abschnitts der Historie Chinas, den Gewalttätigkeit, Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen und Abermillionen Tote prägen: die seit 60 Jahren andauernde Schreckensherrschaft der Kommunistischen Partei. Zu welchen „menschlichen Katastrophen“ diese von der Kulturrevolution bis zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens führt, beschreibt Rongfen Wang auf 490 Seiten ebenso ausführlich wie „nackt und roh“ als Beleg für „wahre chinesische Geschichte“. Rongfen Wang weiß aus eigener Erfahrung, wie hart Regimekritiker bestraft werden: Die 1945 Geborene, die in Beijing Germanistik studierte, war zwischen 1966 und 1979 in chinesischer U‑Haft und im Arbeitslager. 1989 emigrierte sie dauerhaft nach Deutschland.