Sean Shibe

Das Gleiche im Unglei­chen

von Stefan Sell

23. September 2022

Der Gitarrist Sean Shibe überspringt auf seinem Album »Lost & Found« Zeiten und Genres.

Er stammt aus Edin­burgh, seine Mutter aus Japan. Soeben mit dem Leonard Bern­stein Award gekürt, verfügt er mit erst 30 Jahren über ein bereits gut gefülltes Port­folio. Er spielt klas­si­sche Gitarre, Laute und E‑Gitarre. Sean Shibe verkör­pert einen neuen Typ Gitar­risten, dem es gelingt, den Grenzen der Typi­sie­rung zu entfliehen.

Der Gitar­rist Sean Shibe spielt Pastoral II des 1999 verstor­benen blinden Kompo­nisten Moondog

Er wagt den Ritt durch Feuer­welten, über­springt die Zeiten, Genres und alles, was künst­le­ri­sche Frei­heit einengt. Selten hörte man E‑Gitarre so sanft­flü­gelig, schwe­bend, irisie­rend. Androgyn, geschminkt in weiß rosanem Tüll entzieht er sich auch auf dem Cover seiner neuen CD dem teilenden Duali­täts­prinzip. So sphä­risch Shibe sein Kreisen zwischen Verlieren und Finden mit Hilde­gard von Bingens O Viri­dis­sima Virga beginnt, so sphä­risch entschwindet er diesem zykli­schen Spiel mit Julius Eastman’s Buddha. Obwohl dazwi­schen Welten liegen von Chick Corea über Moondog hin zu Meredith Monk und Bill Evans, die alle ihre Musik nicht für Gitarre geschrieben haben, gelingt es Shibe durch sein einzig­ar­tiges Spiel das Gleiche im Unglei­chen zu Tage zu fördern. Ja, so klingt klas­si­sche Gitarre 2022 – einfach phäno­menal!

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Auftrittstermine und weitere Informationen zu Sean Shibe: seanshibe.com

Fotos: Pentatone