Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival stellt von 22. bis 30. Juni 2019 Joseph Haydns erfindungsreiches Werk in den Mittelpunkt seines Programms.
„Singt dem Herrn alle Stimmen!“
von Ruth Renée Reif
8. Juni 2019
Die Aura des Besonderen umweht Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ seit seiner Uraufführung 1799. Haydn, der sich mit einer fürstlichen Pension in Wien zur vermeintlichen Ruhe gesetzt hatte, erklomm damit den Gipfel seines kompositorischen Schaffens. Eine überaus reiche und vielgestaltige Klanglandschaft, in der grazile Arien, erhabene Chöre, einfache Liedsätze und konzertierende Passagen einander abwechseln, entwirft er für das Werk. Der von ihm aus England mitgebrachte Text geht auf das Erste Buch Mose und John Miltons Epos „Paradise Lost“ zurück. Das Originalklangensemble Il Giardino Armonico bringt das Chorwerk mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung seines Gründers Giovanni Antonini in der mittelalterlichen Martinikirche zu Braunschweig zur Aufführung. Als Solisten wirken die Sopranistin Anna Lucia Richter, der Tenor Maximilian Schmitt und der Bariton Florian Boesch mit.
Günther Graf von der Schulenburg, Gründer und Künstlerischer Leiter von Soli Deo Gloria, erwählt Haydns Œuvre zum Herzstück des Festivalprogramms. In den kraftvollen Kompositionen, die bis heute eine unglaubliche Lebendigkeit aufweisen, fand manches seinen Anfang. So ist Haydn nicht nur der Vater der Sinfonie, sondern auch der Erfinder des Streichquartetts. Als Sommergast des Barons Carl Joseph von Fürnberg auf Schloss Weinzierl bei Melk erfreute er seinen Gastgeber mit den ersten Proben jener Gattung, die er hernach im Wettstreit mit Mozart zur Vollendung führte. Quatuor Zaïde widmet sich in der intimen Atmosphäre der Stiftskirche Steterburg von Salzgitter den Streichquartetten Haydns. Das aus den Geigerinnen Charlotte Maclet und Leslie Boulin Raulet, der Bratschistin Sarah Chenaf und der Cellistin Juliette Salmona bestehende und vielfach ausgezeichnete französische Ensemble gewann 2012 den Haydn Wettbewerb in Wien.
Haydns Sonaten nimmt sich der Pianist Saleem Ashkar vor. In seinem Haydn-Beethoven-Rezital im Rittersaal des Welfenschlosses Gifhorn stellt er sie den Sonaten Beethovens gegenüber. 1792 arrangierte Graf Waldstein in Bonn ein Treffen zwischen dem jungen Beethoven und dem aus England zurückreisenden 60-jährigen Haydn. Zu dem geplanten Unterricht in Wien kam es allerdings nicht. Denn Beethoven fand keine Beziehung zu Haydn, und es widerstrebte ihm, als „Schüler Haydns“ angesprochen zu werden. Doch widmete er ihm 1795 die Sonate Nummer drei in C‑Dur, op. 2. Beethoven bestimmt den Auftritt des Orchesters Wiener Akademie. In ihrem Projekt „Resound Beethoven“ unter der künstlerischen Leitung von Martin Haselböck spielen die Musiker Beethovens Werke auf Instrumenten seiner Zeit und mit derselben Zahl an Musikern. Ihre Interpretationen der von himmlischer Leichtigkeit getragenen Vierten Sinfonie und der von Wagner als „Apotheose des Tanzes“ bezeichneten Siebten Sinfonie im Theater Wolfsburg versprechen ein überraschendes Klangerlebnis.
Zur Eröffnung des Festivals heißt es „Kunst begegnet Musik“. Unter dem Motto „Künstlerpaare“ zeigen die beiden international geschätzten Vertreter der neuen Leipziger Schule Rosa Loy und Neo Rauch im Foyer des Schafstalls Bisdorf ausgewählte Arbeiten, während das Klavierduo Yaara Tal und Andreas Groethuysen mit Studien zu Bachs „Kunst der Fuge“, arrangiert für zwei Klaviere von Reinhard Febel, seinen Weg eigenwilliger Interpretationen bedeutender Werke der Musikgeschichte fortsetzt. Und auch auf die Weihnachtszeit darf man sich schon freuen. Der Windsbacher Knabenchor, die Deutschen Kammer-Virtuosen Berlin sowie die Sopranistin Lydia Teuscher, die Altistin Wiebke Lehmkuhl, der Tenor Patrick Grahl und der Bassist Thomas E. Bauer kommen mit Kantaten aus Bachs „Weihnachtsoratorium“.