Tanzfilmfestival Moovy
Von Astronauten, Sylphen und einem tanzenden Turban
von Ruth Renée Reif
15. Mai 2023
Vom 19. bis zum 28. Mai 2023 findet im Filmforum des Museums Ludwig in Köln das Tanzfilmfestival Moovy statt.
Die Choreografen Christoph Winkler und Robert Ssempijja greifen für ihren Tanzfilm We Are Going To Mars – And We’ll Unite The Galaxies ein seltsames Projekt auf. 1960 gründete Edward Mukuka Nkoloso die Zambia National Academy of Science, Space Research and Philosophy. Sie hatte das Ziel, ein eigenes afrikanisches Raumfahrtprogramm aufzubauen, um in den Wettlauf ins All zwischen den USA und der Sowjetunion einzusteigen. Auf einer abseits gelegenen Farm trainierten damals die Afronauts an selbstgebauten Geräten und bauten aus Blech eine Rakete. Mit dieser wollten sie am 24. Oktober 1964, dem Tag der Unabhängigkeit von Zambia, ins All starten. Steuern sollte die Rakete die 17-jährige Matha Mwamba.
Lange Zeit wurde das Projekt zwar nicht ernst genommen, aber als ernst gemeint angesehen. Erst als 2013 ein Video vom Training auftauchte, kamen Zweifel auf, ob es sich nicht eher um einen satirischen Kommentar zum imperialen Größenwahn des Weltlaufs ins All handelte. Bis heute ist nicht geklärt, wie das Projekt damals verstanden wurde und ob es vielleicht sogar als Tarnung eines Trainingscamps für Unabhängigkeitskämpfer diente. Der Künstler und Tanzforscher Robert Ssempijjab greift aus dem Projekt für seine Choreografie die Aufbruchsstimmung auf, die mit dem Projekt verbunden war. Er arbeitete mit lokalen Künstlern in Uganda und verortet den Mars im eigenen Land.
Das Tanzfilmfestival Moovy zeigt den Film zur Eröffnung. Seit 2017 findet es jährlich im Filmforum des Museums Ludwig statt und stellt Tanzfilme und immersive Tanzproduktionen vor. Sein Ziel ist es, einen Rahmen zu schaffen für Projekte, in denen sich Tanz, Film und digitale Kunst verbinden. Leiter des Festivals ist die Kunstmanagerin Ágota Harmati.
Aus Brasilien kommt ein Beitrag, in dem Tanz und 3D-Animatuionen eine Verbindung eingehen. SYLPHIDES 3.1 von dem Regisseur und Choreografen Diego Mac lässt sich von dem Ballett Les Sylphides des Begründers des modernen Balletts und Choreografen der Ballets Russes Michel Fokine inspirieren, das er in Form historischer Aufnahmen ebenfalls in seine Arbeit einbezieht. Er zeigt die weibliche, romantische Sylphe sowie androgyne Figuren simulierter Körperlichkeit, Hypermenschen und Sylphen in embryologischer Form.
Während die Choreografin und Tänzerin Marina Kladi unter der Regie des Choreografen Nikos Elias Chrisikakis für ihren Film SISYPHUS ROOM einen dystopischen, klaustrophobisch wirkenden Raum entwickelt, fordert die Choreografin und Performerin Varsha Raviprakasha dazu auf, „einen Turban des Glücks, der Freude und des Mitgefühls“ zu tragen. PETA – Der tanzende Turban ist ein komödiantischer Tanzfilm. Raviprakasha zeigt darin die klassische südindischer Tanzart Bharatanatyam. Sie ist gekennzeichnet durch auswärts gedrehte Beine, gebeugte Knie, einem geraden Oberkörper und komplizierten Handhaltungen. Um Wutbewältigung durch Tanz geht es in dem Film FIST des Regisseurs Thomas Bos und des Choreografen Erik Bos.
Den Abschluss des Festivals bildet die Uraufführung des Tanzfilms Printemps 22 des Choreografen und Filmemachers Sagí Amir Gross. Mit seiner GrossDanceCompany und dem Kameramann Michael Maurissens erzählt er die Lebensgeschichte der Ballerina Laura Fridman. Ihr Interesse gilt dem Verborgenen und dem Offenbarten, der Stärke und der Zerbrechlichkeit, der Perfektion und dem Schmerz. Der Film bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Identität und Weltgeschehen und fragt, wie Fridman auf das aktuelle Kriegsgeschehen in der Ukraine reagiert und welche Ängste und Unsicherheiten sie heimsuchen. Der Film wird vom WDTanztheater produziert, dessen künstlerischer Leiter Gross ist, und er ist Teil von Gross« künstlerischer Philosophie Physical Script. Gross« künstlerisches Wollen richtet sich darauf, Erfahrungen und besondere Momente zu sammeln und in seiner Arbeit Geschichten von Menschen zu verarbeiten. Leiten lässt er sich dabei von Authentizität und Intuition.
Weitere Informationen zum Tanzfilmfestival Moovy: www.moovy-festival.com