Russische Opern im Stream
»Ich pfeife darauf, dass es keine bühnenmäßige Oper wird«
von Ruth Renée Reif
30. April 2020
Die freie Streaming-Plattform OperaVision hat ein vorwiegend russisches Programm zusammengestellt. Die Eröffnung ist Tschaikowski gewidmet, dessen Geburtstag sich am 7. Mai 2020 zum 180. Mal jährt.
Russische Opern dominieren den Monat Mai der Streaming-Plattform OperaVision. Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Jewgeni Onegin in der Inszenierung von Barrie Kosky bildet den Auftakt. Unbedingt wollte Tschaikowski den Roman Puschkins veropern. „Ich pfeife darauf, dass es keine bühnenmäßige Oper wird. Dann spielt es eben nicht!“, schrieb er an seinen Schüler Sergei Tanejew. „Ich habe diese Oper nur komponiert, weil ich eines Tages das unüberwindliche Verlangen fühlte, alles, was im Onegin geradezu nach einer Vertonung verlangt, in Musik zu setzen.“
Opern mit einfachen Geschichten
Barrie Kosky setzte Jewgeni Onegin an der Komischen Oper in Berlin mit Ainārs Rubiķis am Pult in Szene. „Ich mag Opern mit sehr einfachen Geschichten und unglaublich facettenreichen Themen und Emotionen“, erläutert er. Und genau das stellt für ihn die fragile Atmosphäre des Werks dar, „die aus einer Vielzahl kleiner, scheinbar nebensächlicher Dinge rührt, die zu einem großen Gewebe verbunden werden“.
Tschaikowski zum Geburtstag
Tschaikowski ist gleich mit drei Werken vertreten: dem Ballett Schwanensee, das Marcia Haydée mit der Balletttruppe am Teatro Municipal de Santiago in Chile, die sie seit 2003 leitet, einstudierte, und mit Piqué Dame nach der gleichnamigen Erzählung von Alexander Puschkin.
Die Oper ist in einer Aufführung des Stanislawski- und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheaters in Moskau zu sehen. Alexander Titel inszenierte sie unter der musikalischen Leitung von Alexander Lazarev.
Selten gespielte Zauberoper
Eine Ausnahme im Reigen der russischen Werke bildet die selten gespielte Zauberoper Der Schmied von Gent. Franz Schreker komponierte sie vor seinem frühen Tod, in den ihn die Nationalsozialisten trieben. Er griff dazu die Legende Smetse Smee aus den Flämischen Märchen von Charles de Coster auf. Ersan Mondtag hat die Oper mit Alejo Pérez am Pult für die niederländischen Opernkompagnie De Nationale Opera in Szene gesetzt.
Zu den weitere russischen Opern zählen Dmitri Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk in einer Inszenierung von Martin Kušej und musikalisch geleitet von Mariss Jansons sowie Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und der Jungfrau Fewronija.
Nikolai Rimski-Korsakow komponierte seine vorletzte Oper nach der christlichen Legende von der Unsichtbaren Stadt Kitesch. Unter der musikalischen Leitung von Marc Albrecht ist das selten gespielte Werk in einer Inszenierung von Dmitri Tcherniakov zu sehen.
Vaterländische Kriege
Ebenfalls selten auf den Bühnen taucht Sergei Prokofjews Oper Krieg und Frieden nach dem Roman von Leo Tolstoi auf. Prokofjew komponierte das Werk über den Vaterländischen Befreiungskrieg von 1809 bis 1812 zur Zeit des Großen Vaterländischen Krieges von 1941 bis 1945. Damit schuf er eine historische Parallele zu seiner Gegenwart. Gezeigt wird eine Inszenierung aus dem Stanislawski- und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater.
Zaren-Schicksal
Und zum Abschluss gibt es eine Aufführung aus Sofia zu sehen. Die Oper der Stadt spielte vor der Alexander-Newski-Kathedrale Modest Mussorgskis Oper Boris Godunow. Der gleichnamigen Dramatischen Chronik von Alexander Puschkin folgend, erzählt sie vom Schicksal des Zaren. Dieser war von der Volksvertretung gewählt worden, galt aus monarchistischer Sicht jedoch als Usurpator.
Die Aufführung erfolgte zum 100. Geburtstag des bulgarischen Sängers Boris Christoff, der mit der Oper seinen künstlerischen Durchbruch erlebte. Die Inszenierung besorgte Plamen Kartaloff, und die musikalische Leitung lag in den Händen von Konstantin Chudowski. Martin Tsonev verkörperte die Titelpartie.
Informationen zu den Zeiten und Verweildauer unter: www.operavision.eu
Weitere Streaming-Angebote auf crescendo.de