Jörg Handstein
Künstlerdasein in der Diktatur
18. Dezember 2021
Udo Wachtveitl erzählt in der Hörbiografie „Schostakowitsch. Doppeltes Spiel“ von Jörg Handstein aus dem Leben von Dmitri Schostakowitsch.
Die beliebte Reihe der Komponisten-Hörbiografien des Bayerischen Rundfunks, geschrieben von Jörg Handstein, ist bei einem Klassiker des 20. Jahrhunderts angekommen: Dmitri Schostakowitsch. Das heißt, dass sich das geschilderte Leben bis in die Zeitgeschichte hinein erstreckt und diesmal ein Künstlerdasein im Mittelpunkt steht, das wie kaum ein anderes aus der ersten Reihe über so lange Zeit und so unmittelbar dem eisernen Zugriff einer Diktatur ausgeliefert war: Vom Sowjetregime vereinnahmt und als international erfolgreicher Vorzeigekomponist gehandelt, blieb Schostakowitsch zumal in der Zeit des Stalinismus dennoch keineswegs gefeit vor lebensbedrohlichen Repressalien.
Vor diesem Hintergrund die Potemkinschen Dörfer in seiner Musik zu durchleuchten, ihre (durchaus nicht nur politischen) geheimen Botschaften und Chiffren anzusprechen und zu enthüllen, gelingt in diesen zehn Folgen zu 25 Minuten sehr gut, ohne dass sie als einzig wahre, erschöpfende Deutung ausgegeben würden. Dazu passt auch hervorragend die kapitale „Zugabe“, die Fünfte Sinfonie mit dem Symphonieorchester des BR unter Mariss Jansons. Schön, dass Namen wie Galina Ustwolskaja oder Mieczysław Weinberg mittlerweile einen profilierteren Klang haben als noch vor ein, zwei Jahrzehnten. Udo Wachtveitl ist wieder der Erzähler, den Komponisten lässt Ulrich Matthes nicht zuletzt mit einer Prise galliger Ironie lebendig werden.