Nicolas Mahler

Gezeich­nete Sinfonie

von Walter Weidringer

28. Oktober 2020

Nicolas Mahler versetzt James Joyce’ „Ulysses" nach Wien und verwandelt ihn als Meister in der Kunst der Zuspitzung in ein Comic.

Nicolas Mahler ist ein Meister in der Kunst des Weglas­sens, Zuspit­zens; phäno­menal sein Gespür für das eine, Bände spre­chende Detail. Sieben Jahre nach Musils Mann ohne Eigen­schaften hat der Wiener Künstler sich einen weiteren dick­lei­bigen Klas­siker aus der „Biblio­thek der unge­le­senen Bücher“ vorge­nommen und in einen Comic trans­for­miert – erneut mit höchster Treff­si­cher­heit.

James Joyce' Ulysses, gezeichnet von Nicolas Mahler
Kuriose Anzei­gen­frag­mente aus dem „Neuig­keits-Welt-Blatt“ in Nicolas Mahlers Illus­tra­tion von ’s Ulysses

Dass er James Joyces Ulysses von Dublin nach versetzt und sein Leopold Wurmb (statt Bloom) den 16. Juni 1904 mit äußeren und inneren Irrgängen in der Donau­me­tro­pole zubringt (auf über 280 Seiten, etwa dem doppelten Umfang von Mahlers Musil-Adap­tion!), entpuppt sich als Kunst­griff von spezi­eller Würze. Kuriose, virtuos colla­gierte Anzeigen- und sons­tige Frag­mente aus dem „Neuig­keits-Welt-Blatt“ dieses Datums machen die humor­voll-tief­sin­nige Umtop­fung perfekt. Und wieder gilt: Mahlers Graphic Novels verlo­cken uns, die Origi­nale (erneut) zur Hand zu nehmen und heraus­zu­finden, was und wie er diese durch­leuchtet, verknappt und schärft.