Zum Tod von Kurt Moll

von Teresa Pieschacón Raphael

9. März 2017

„Der Ritter des tiefen C“ (Merkur), die Stimme „Gott­va­ters“ oder „Mozarts Götter­bass“ (FAZ): Kein Super­lativ schien auszu­rei­chen, um Kurt Molls warmen, runden, samt-dunklen Bass zu beschreiben. Doch Moll war keiner jener Stimm­nar­zissten, die den Beruf wählen, um im Applaus zu . Der Versu­chung, sich an der bloßen Schön­heit des eigenen Gesangs zu berau­schen, erlag er nicht. Intuitiv verstand er es, jede Opern­figur in ihrem Charakter zu formen, wahr­haftig und oft sehr berüh­rend.

Die Grund­lage allen Singens hatte der 1938 im rhei­ni­schen Buir nahe gebo­rene Sänger von Emmy Müller gelernt, die er als „Geschenk Gottes“ bezeich­nete. Klug lenkte sie seine Entwick­lung, umsichtig und mit großem Verant­wor­tungs­ge­fühl, stärkte die Selbst­ein­schät­zung und den Mut, „gefähr­li­chen“ Ange­boten zu wider­stehen. Als , der die Proben mit Moll „eher als Vergnügen denn als Arbeit“ bezeich­nete, ihm die Partie von Wagners Hans Sachs anbot („Sagen Sie mir fünf Minuten vorher Bescheid“), lehnte Moll ab: „Da brau­chen Sie nicht zu warten“, ließ er dem Maestro ausrichten. „Schon heute sage ich Ihnen, dass ich diese Rolle nicht singen werde.“ Karajan, der mit großen Stimmen herrisch-verschwen­de­risch umging – Nach­schub war ja immer in Sicht –, war gewiss nicht ‚amused‘ über die Absage. Moll aber wusste, dass er gut daran tat, seine Stimme nicht mit der hohen und langen Partie zu stra­pa­zieren.

Seine Konse­quenz zahlte sich aus. Mit 60 Jahren war sein Bass noch in voller Reife, ohne Verschleiß­erschei­nungen, von erstaun­li­cher Flexi­bi­lität und Ausdruck: sei es als Seneca in Monte­verdis Poppea, in komi­schen Rollen von Lortzing und Nicolai bis hin zu Verdis Spara­fu­cile, Padre Guar­diano und Filippo; als Mussorgskis Boris, Webers Kaspar und Wagners Daland, Pogner, Hunding und König Marke. Zu großen Para­de­rollen wurden Grals­ritter Gurn­emanz aus „Parsifal“ und der Baron Ochs auf Lerchenau aus dem „Rosen­ka­va­lier“ von sowie Mozarts Sarastro.

Es passte zu diesem Mann, dass er sich mit der kleinen Rolle des Nacht­wäch­ters in „Die Meis­ter­singer von 2006 von seinem Publikum verab­schie­dete. Nach 47 Jahren. Nun ist er mit 78 Jahren nach langer Krank­heit gestorben. Doch er lebt weiter. Nicht nur in seinen CDs, sondern auch in der Künst­ler­ah­nen­ga­lerie der Baye­ri­schen Staats­oper, auf einem Gemälde von Jänis Avotins.