Barbara Hannigan und Raoul Steffani

Die Inti­mität des Fin de siècle

von Walter Weidringer

13. November 2022

Barbara Hannigan und Raoul Steffani widmen sich auf ihrem Album mit der Camerata RCO unter Rolf Verbeek Sehnsuchtsgesängen von Alban Berg und Gustav Mahler.

Der junge Mann sei ja ein „außer­or­dent­li­ches Kompo­si­ti­ons­ta­lent“ gewesen, doch als er zu ihm gekommen sei, habe er nur Lieder schreiben können: So streng urteilte einst der Lehrer über den jungen . Der Hang zur Kanta­bi­lität hat Berg jedoch nicht geschadet – im Gegen­teil, er wurde zum popu­lärsten Vertreter des Schön­berg-Kreises.

singt aus ihrem Album „Sehn­sucht“ Lieder von Alban Berg

Barbara Hannigan trifft in den Sieben frühen Liedern den leicht exal­tierten, arti­fi­zi­ellen, mit einer Prise Neurotik gewürzten Fin-de-Siècle-Tonfall genau. Bariton Raoul Stef­fani wirkt daneben in den Vier Gesängen op. zwei nüch­terner, mehr vom Wort kommend, dem Sprech­ton­fall näher; die Instru­men­tie­rungen (Rein­bert de Leeuw, Henk de Vlieger) lassen die beiden Zyklen reiz­voll schim­mern. Und Gustav Mahlers Vierte Sinfonie klingt in der bekannten Kammer­ver­sion von Erwin Stein natur­gemäß lyri­scher und intimer, aber auch frecher, ja sogar stel­len­weise moderner, kühner als im konzi­li­an­teren Prunk­ge­wand des origi­nalen großen Orches­ters.

Die Came­rata RCO unter der Leitung von Rolf Verbeek spielt aus dem Album „Sehn­sucht“ den Vierten Satz aus Gustav Mahlers Vierter Sinfonie

Im Finale verlegt sich Hannigan nicht etwa auf schlicht lächelnde Naivität, sondern rückt auch das „Himm­li­sche Leben“ in Berg-Nähe. Die Came­rata RCO (das Kammer­en­semble des Concert­ge­bou­wor­kest) glänzt unter Rolf Verbeek durch­wegs mit sensi­bler Phra­sie­rung und genau tarierten Farben. Das stim­mungs­volle, glaub­würdig der „Sehn­sucht“ verpflich­tete Doku­ment eines Pandemie-Strea­mings 2021 vor leerem Saal in Rotterdam.

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Auftrittstermine und weitere Informationen zu Barbara Hannigan auf: www.barbarahannigan.com

Fotos: Annelie Va Der Vegt