Das Sabrina-Haane-Archiv
von Axel Brüggemann
23. August 2023
Dieses ist eine Dokumentation der KlassikWoche. Der SWR pausiert die Kolumne unseres Autoren Axel Brüggemann mit der Brgründung, dass er die Gesamtleiterin des SWR Symphonieorchesters, Sabrina Haane, „herabgewürdigt“ habe. Worin genau diese „Herabwürdigung“ besteht, erklärt der SWR nicht. Hier alle Texte, die von Brüggemann zu Frau Haane erschienen sind – erkennen Sie eine Herabwürdigung?
28. August 2023
Der SWR manövriert sich immer tiefer in eine Kommunikations-Katastrophe. Nachdem das Orchester und seine Managerin Sabrina Haane sowohl mir als auch anderen Journalisten erklärt hatten, der SWR würde den Auftritt des russischen Basses Alexey Tikhomirov (er trat in Russland mit dem Sankt-Georgs-Band auf und befürwortete auf sozialen Medien Putins Angriffskrieg) bei einer Konzert-Tournee mit dem Orchester und seinem Chefdirigenten Teodor Currentzis im September prüfen, schrieb sie dem Journalisten Alexander Strauch, als der nun noch einmal nachhakte: Es bestünde in dieser Sache „kein Kommunikationsbedarf“. Das muss man sich mal klar machen! Da werden JournalistInnen vom Orchester eines öffentlich-rechtlichen Senders zunächst vertröstet, dann bekommen sie keine Antwort mehr, und bei erneuter Nachfrage heißt es von der Kommunikations-Abteilung, es bestünde „kein Kommunikationsbedarf“. Hier wird ausgerechnet vom Orchester eines öffentlich-rechtlichen Senders journalistische Arbeit mit Füßen getreten. Natürlich, lieber SWR, gibt es in einer Demokratie „Kommunikationsbedarf“, sobald JournalistInnen ernsthafte Fragen zu ernsthaften Recherche-Ergebnissen stellen. Aber der Sender agiert in seiner Öffentlichkeitsarbeit immer mehr wie sein zu allem schweigender Chefdirigent Teodor Currentzis – nicht ausgeschlossen, dass der sich über den Umgang mit Journalisten in einer Demokratie ins Fäustchen lacht. Um die ganzen Verstrickungen in diesem Fall zu verstehen, hat Alexander Strauch sie hier noch einmal detailliert zusammengefasst. Ach ja, über die angebliche Trennung von Redaktion und Orchester beim SWR wird in den kommenden Wochen sicherlich auch noch berichtet werden.
17. Juli 2023
Vielleicht setzt der SWR und seine erschreckend unkommunikative Intendantin Sabrina Haane darauf, dass das deutsche Klassik-Publikum kriegsmüde wird. Vor Wochen wurde uns noch erklärt, dass man die Teilnahme des prorussischen Basses Alexey Tikhomirov bei Konzerten des SWR Symphonieorchesters mit Teodor Currentzis in Hamburg und Stuttgart prüfe (er hat sich mehrfach für Putins Kurs ausgesprochen und ist im russischen Fernsehen mit dem St. Georgs-Orden aufgetreten). Bislang ist es in dieser Sache allerdings still geblieben. Kein Bekenntnis für den Sänger, keines gegen ihn. Aussitzen scheint das Motto.
30. Mai 2023
Was würden Sie von diesem Mailverkehr halten? A: „Wie geht es Dir?“ – (… keine Antwort …) A: „Warum antwortest Du nicht?“ – B: „Sag nie wieder, dass ich nicht antworte, sonst….!“ – A: „Aber Du hast doch nicht geantwortet.“ – B: „Doch eben gerade!“ Das Traurige ist, so ungefähr funktioniert die Korrespondenz mit der Chefin des SWR-Orchesters, Sabrina Haane, wenn es um Teodor Currentzis geht. Allerdings geht es hier nicht um irgendwelche Befindlichkeiten, sondern um Journalismus, darum, Fakten und Haltungen in einer Zeit des Krieges abzufragen – und das bei einem öffentlich-rechtlichen Sender, der in besonderer Verantwortung steht, journalistische Grundprinzipien zu pflegen. Konkret war es so: Als es Nachfragebedarf zur Ehrenprofessur von Teodor Currentzis gab, dazu, dass er sich noch immer nicht von putinfreundlichen MusikerInnen in seinem Orchester musicAeterna distanziert hat und zur damals aktuellen, öffentlichen Erklärung von Wiens Konzerthauschef, habe ich – mal wieder – bei Frau Haane (und in Kopie bei ihrem Pressesprecher) nachgefragt. Das war am 10. Mai. Aber ich bekam keine Antwort (üblicherweise antworten Pressestellen rasch, mindestens innerhalb von drei Tagen). Ich habe das im Newsletter thematisiert, und einige LeserInnen des Newsletters haben (danke dafür!) selber beim Sender nachgefragt. Sie haben nun die Antwort erhalten, dass der SWR sehr wohl auf all meine Anfragen geantwortet hätte. Ist mir da etwas durchgerutscht? Tatsächlich hat Frau Haane mir 15 Tage (!) nach meiner Anfrage (und lange nach unserer Kritik an ihrem Schweigen) am 25. Mai eine Mail geschrieben, die mit den Worten begann: „Entgegen Ihren Behauptungen haben wir bislang auf jede E‑Mail von Ihnen geantwortet. Daher möchte ich Sie bitten, nicht weiterhin das Gegenteil zu behaupten.“ Als ich erneut nachfragte, wann genau Frau Haane denn auf meine Mail vom 10. Mai geantwortet habe, kam ihre Antwort prompt. Sie erklärte, dass ihre Mail (vom 25. Mai), in der sie mir schrieb, sie würde auf all meine Mails antworten, ihre Antwort gewesen sei. Boah!!! Wir verlieren uns mit derartigen Korrespondenzen in Winkelzügen und in Ablenkungs-Debatten. Vertrauen in die angeblich regelmäßigen Überprüfungsmechanismen beim SWR in Sachen Currentzis erweckt all das bei mir jedenfalls nicht. Es ist eine Sache, ob auf jede Mail geantwortet wird – noch wichtiger wäre es, konkret auf offene Fragen zu antworten.
8. Mai 2023
Vor seinen anstehenden Dirigaten in Europa gibt es allerhand neue Meldungen rund um den Dirigenten Teodor Currentzis. Er steht in der Kritik, weil er sich nicht von der Kriegspropaganda seiner MusikerInnen bei musicAeterna distanziert, sich von der VTB Bank ebenso finanzieren lässt wie von Gazprom (dem Unternehmen, das gerade eine eigene Armee gegen die Ukraine ins Feld schickt). Currentzis wurde nun auch zum Honorarprofessor am Staatlichen Moskauer P.-I.-Tschaikowsky-Konservatorium ernannt. Im Auswahlgremium: Russlands Ex-Kulturminister Alexander Sokolow, der homoerotische Kunst aus russischen Museen verbannte. Man kann das durchaus als staatliche Belohnung für Currentzis Russland-Treue interpretieren. Kollege Alexander Strauch hat gerade Bilder gepostet, wie Currentzis dem in Deutschland auf Grund seiner Heizungs-Videos suspendierten Musiker (er postete ein anti-deutsches Video auf der Deutschland-Tournee) herzlichen Dirigier-Unterricht im DOM-Radio gibt. Von wegen Konsequenzen!Nachdem selbst die alten Currentzis-Sympathisanten Louwrens Langevoort (Philharmonie Köln) und Wiens Konzerthauschef Matthias Naske erklärt haben, dass Currentzis« Schweigen sie veranlasst, den Dirigenten vorerst nicht wieder einzuladen, erstaunt das immer lauter werdende Schweigen seiner treuen Förderer in Deutschland. Die Intendantin des SWR-Orchesters, deren Chefdirigent Currentzis ist, Sabrina Haane, lässt Mails mit Anfragen zu den aktuellen Entwicklungen neuerdings ebenso unbeantwortet wie die Currentzis-Veranstalter der Konzertdirektion Adler. Wir erinnern uns: Auch Konzertveranstalter Andreas Richter schrieb mir einst, dass er die Pressefreiheit zwar schätze, aber auch die Möglichkeit, nicht auf jede Frage antworten zu müssen. Danach stellte sich heraus, dass er neben Teodor Currentzis Teilhaber der Euphonia gGmbH ist, die Currentzis« Utopia-Orchester organisiert. Allein das Funkhaus Berlin, das an Teodor Currentzis festhält, bekräftigt seine loyale Haltung auf meine Anfrage mit erstaunlichem Selbstbewusstsein: „Wenn andere Häuser dies anders handhaben: Wie could not care less.“
17. April 2023
Russland scheint für einige MusikerInnen wieder auf die Konzertliste zu rücken: In der Schweiz wird der Auftritt des Pianisten Konstantin Lifschitz, der auch Professor an der Hochschule Luzern ist, beim Putin nahen Transibirian Art Festival in Nowosibirsk zum Politikum. Alexander Rahbari spielt in Sankt Petersburg, Justus Frantz gibt seine Bande nach Russland nicht auf, Jordi Bernàcer dirigiert am Bolschoi, der Pianist Freddy Kempf spielt in Omsk, und auch der italienische Pianist Lorenzo Bagnati spielt in Russland. Mit dabei natürlich auch: Teodor Currentzis. Während Intendanten wie Louwrens Langevoort in Köln oder Matthias Naske ihm den Rücken kehren, weil sie gemerkt haben, dass Currentzis sich selbst gegenüber ihnen nicht erklärt, macht Salzburg-Intendant Markus Hinterhäuser weiter wie immer. Der Kleinen Zeitung erklärte er: „Anders als etwa bei Valery Gergiev sind mir bei Currentzis keinerlei Verbindungen zu Putin bekannt.“ Ach, Markus: Mal in den Aufsichtsrat des Orchesters schauen, und: Currentzis schweigt als Chef noch immer zu Wagner-Söldner-Likes, zur Beschimpfung westlicher Journalisten und zum Deutschland-Bashing seiner MusikerInnen. Aber, klar, man kann auch einfach den Kopf in den Sand stecken wie SWR-Orchester Chefin Sabrina Haane, die auf Nachfragen inzwischen einfach gar nicht mehr antwortet.
30. Januar 2023
Am Ende eines Texte über Ungereimtheiten bei UTOPIA…
Immerhin verzichten westliche Veranstalter (von Baden-Baden bis Salzburg) inzwischen auf das Engagement von musicAeterna, doch stattdessen programmieren sie Currentzis« neues Orchester: Utopia! Nach eigenen Angaben zu 50 Prozent von der Dietrich Mateschitz Privatstiftung finanziert (also indirekt von Red Bull, bei dessen Sender Servus-TV nicht nur sehr rechte Talkshows laufen, sondern Ioan Holender immer wieder seine Russland-Liebe bekunden durfte), zur andere Hälfte von nicht benannten „Mäzenen“. Es ist schwer, die genauen Strukturen des Orchesters zu recherchieren. Derzeit sieht alles so aus, als würde aus dem „Raider“-Orchester musicAeterna das „Twix“-Orchester Utopia werden. Viele der handelnden Personen sind die gleichen geblieben. Ein Großteil der Utopia-Geschäfte wird offensichtlich von der „Euphonia gGmbH“ abgewickelt. Sie wird geleitet von Ilja Chakhov, der auch „Chief Executive Officer and Artistic Planning Director“ von musicAeterna ist und zu den engsten Currentzis-Vertrauten gehört. Auf mehrfache Anfrage nach seiner Rolle und der konkreten Unternehmensstruktur von Utopia hat er mir bislang nicht geantwortet.
Die Geschäftsadresse der „Euphonia gGmbH“ ist die gleiche Adresse wie jene von „Andreas Richter Cultural Consulting“ in Berlin. Richter hat die großen Europa-Tourneen für musicAeterna ausgerichtet, angeblich bis Februar 2022, alle weiteren Auftritte seien nur noch „abgewickelt“ worden, sagt er. Auf seiner Webseite ist von all dem nichts zu lesen (weil dort angeblich nur Ensembles annonciert werden, „die wir aktiv anbieten“). Inzwischen wurde „Andreas Richter Cultural Consulting“ von der „Euphonia gGmbH“ (die, wie gesagt, im gleichen Haus wie er residiert) mit der Vertretung von Utopia beauftragt und organisierte die Konzerte im Oktober 2022. Auf weitere Nachfragen antwortete Richter im Currentzis-Style: „Ich schätze die Pressefreiheit sehr und bin froh, in einem Land zu leben, in dem sie geachtet und respektiert wird. Diese Freiheit impliziert aber auch, nicht a priori auf jede Frage zu antworten. In Ihrem Fall nehme ich gerne davon Gebrauch.“
Ob das langfristig reichen wird? Es werden wohl noch viele Frage gestellt werden über die magische Verwandlung von musicAeterna zu Utopia – besonders, was die andere Hälfte der Geldgeber betrifft! Aber auch, was das Personal betrifft. An einigen Pulten saßen bislang durchaus problematische, russische musicAeterna-Mitglieder, die 2014 die Annexion der Krim oder den Abschuss des Fluges MH17 im Donbas verharmlost haben. Problematisch wird es wohl auch beim neu zu gründenden Utopia-Chor, der laut Salzburger Festspiele vorgesehen ist. Sind auch Namen wie musicAeterna-Chorleiter Vitaly Polonsky und Evgeny Vorobyov im Gespräch? Doch es gibt auch Abkehrbewegungen. Nicht nur der Intendant der Kölner Philharmonie, Louwrens Langevoort, will Currentzis nicht mehr engagieren. Die Berliner Philharmoniker ließen wissen (nachdem Hornistin Sarah Willis mit Utopia aufgetreten war), dass man den MusikerInnen in der derzeitigen Lage nicht unbedingt raten würde, bei diesem Orchester mitzuspielen. Und auch die Agentur forartists von Maren Borchers (sie vertritt auch Igor Levit und hatte den Jubel-Pressetext für Utopia zu verantworten) erklärt nun: „Ich bin für die Pressearbeit des Orchesters seit Dezember nicht mehr verantwortlich.“ Es scheint langsam vielen klar zu werden, dass Utopia zum großen Teil musicAeterna in anderer Verpackung ist. Nur Sabrina Haanevom SWR Symphonieorchester scheint all das nicht zu stören – sie macht derzeit eine so selbstbewusst strotzende Figur wie der Intendant der Münchner Philharmoniker, Paul Müller, als er noch mit allen Mitteln an Valery Gergievals Chefdirigenten festgehalten hatte. All das habe ich als ausführlichen Thread auf meinem Twitter-Account noch einmal zusammengefasst. Wir bleiben dran – versprochen.
3. Oktober 2022
Erwartbar war, dass der SWR nicht mehr an seinem Chefdirigenten Teodor Currentzis festhalten würde. Nun erklärte das Orchester, dass François-Xavier Roth das fusionierte Ensemble von 2025 an erneut übernehmen wird. Currentzis wolle man auch „zukünftig verbunden“ bleiben. Wir haben in den letzten Ausgaben dieses Newsletters verfolgt, wie Orchesterchefin Sabrina Haane um den heißen Russland-Brei herumgeeiert ist. Und daran hat sich noch immer nichts geändert: Der SWR lässt Currentzis (der eh nur noch wenige Dirigate beim Orchester hat und nicht einmal mit dem Artist in Residence gemeinsam auftritt) einfach wegschleichen.
26. September 2022
Utopia heißt das neue Orchester von Teodor Currentzis, dessen Auftakt-Konzert in Wien nicht wirklich begehrt zu sein scheint. Rätselraten gibt es noch immer um die Sponsoren und „europäischen Mäzene“. Einer ist allerdings offiziell, die „Kunst und Kultur DM Privatstiftung“. Hinter „DM“ verbirgt sich Red-Bull-Chef und Medien-Unternehmer Dietrich Mateschitz, über den man hier einiges Interessantes lesen kann. Mateschitz gehört auch der Sender Servus-TV, für den Ex-Staatsopern-Intendant Ioan Holender arbeitet (er hatte die Krim für „russischer als russisch“ erklärt und war der einzige, der Currentzis diesen Sommer interviewen durfte – ein Tiefpunkt des Journalismus unter dem Motto „Don’t mention the war“). Der öffentlich-rechtliche SWR hält ebenfalls am Dirigenten fest. Orchesterleiterin Sabrina Haane wurde in der Stuttgarter Zeitung im Mai 2022 noch so zitiert: „‚Wir erwarten‘, fügt sie mit Blick auf die Finanzierung von musicAeterna durch die Putin-nahe VTB Bank an, ‚dass sich am Verhältnis des Ensembles zu den Geldgebern etwas ändert.‘“
Auf meine Nachfrage, was sie inzwischen davon halte, dass musicAeterna noch immer von der VTB Bank unterstützt wird und sogar auf Gazprom-Tour gegangen ist, und wie lange man Currentzis in Baden-Baden noch gewähren lassen wolle, erklärte sie nun: „Ich habe damals die Vermutung geäußert, dass sich bei Verfestigung der Kriegssituation die Auftrittsmöglichkeiten von musicAeterna außerhalb von Russland zunehmend minimieren würden. musicAeterna müsse sich, sofern es weiterhin in Europa gastieren möchte, wohl ein anderes Finanzierungssystem und womöglich auch einen anderen Standort suchen. Das war meine persönliche Einschätzung. Wenn Sie die hier geäußerte Erwartung als Forderung deuten, ist das eine Fehlinterpretation.“ Mit Verlaub, aber wer soll diesen Eiertanz eigentlich noch verstehen, wenn eine Erwartung lediglich eine zahnlose Hoffnung ist?
28. März 2022
Vor drei Wochen habe ich an dieser Stelle vorgeschlagen, die Sparkasse möge das Ensemble von Teodor Currentzis, musicAeterna, übernehmen. Denn der aktuelle Geldgeber, die VTB Bank, gehört zu großen Teilen Russland, und ihr Vorstandsvorsitzender wird vom Kreml eingesetzt. Seit einigen Jahren hat sich Currentzis – offensichtlich nicht ganz unfreiwillig – in russische Abhängigkeiten begeben, hat von russischen Steuergesetzen profitiert und ist offensichtlich nicht mehr in einer Position, sich konkret von Wladimir Putin, dessen menschen- und freiheitsverachtendem System und seinem Krieg zu distanzieren. Pikant ist all das auch, weil Currentzis Chef des SWR Symphonieorchesters ist. Seit letztem Montag habe ich bei Orchester-Chefin Sabrina Haane angefragt, ob sie mit Currentzis gesprochen habe, wie das Orchester sich positioniere – keine Antwort. Ähnlich ging es dem „Mannheimer Morgen“, der an den SWR schrieb: „Wenigstens ein Statement, bitte. Eine Erklärung. Eine Positionierung. All die Toten und Verletzten haben das verdient.“ Doch der Südwestrundfunk schwieg auch hier. Am Donnerstag erreichte mich eine Mail von Frau Haane. Mit merkwürdigem Zungenschlag ließ sie mich wissen: „Sehr geehrter Herr Brüggemann, Ihr Warten wird morgen ein Ende haben, so dass Sie dann mehr vom SWR bzgl. der Causa Teodor Currentzis erfahren werden.“ Tatsächlich war die Erklärung dann ziemlich schmallippig: Man setze ein Zeichen, indem man einen ukrainischen Komponisten auf das Programm hole, wisse über die „problematische“ Unterstützung der VTB Bank für musicAeterna, würde sie aber akzeptieren. Kurzum: Currentzis sei „gegen Krieg und für die Musik oder so ähnlich“ (wie das VAN-Magazin kopfschüttelnd kommentierte).Friede-Freude-Eierkuchen, der SWR will noch mal sein Glück versuchen und endlich ungestört auf lukrative Europatournee gehen. Wirklich? Wirklich! Das Statement des Senders blieb weit hinter dem von Anna Netrebko zurück, Currentzis persönlich musste sich gar nicht zu Wort melden. Es soll einfach weitergehen. Wenn sich der SWR da mal nicht verkalkuliert. Proteste bei der Europa-Tournee dürften vorprogrammiert sein. In der Presseaussendung heißt es, das „gesamte Ensemble“ stünde hinter der Entscheidung – wirklich? Und wie passt das verkrampfte Festhalten des SWR an Currentzis damit zusammen, dass der Dirigent und dessen musicAeterna etwa beim RBB derzeit nicht gespielt werden sollen (wie ein Mitarbeiter auf meiner FB-Seite erklärte). Öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss eindeutig, transparent und klar sein, doch genau das lässt die Erklärung des SWR vermissen. Und mehr noch: Mit der Erklärung, dass man Currentzis« Abhängigkeit von der VTB Bank „problematisch“ findet, legt man ganz nebenbei den Salzburger Festspielen und seinem Intendanten Markus Hinterhäuser ein Ei ins Nest. Hinterhäuser hat nämlich ein klares Bekenntnis von Currentzis eingefordert (hier ein weiterer Artikel vom ORF) und es noch immer nicht bekommen. In Salzburg stehen die Auftritte von Currentzis, von musicAeterna und der Oper „Blaubarts Burg“ auf der Kippe, und österreichische Kollegen beginnen nun ebenfalls, genauer hinzuschauen. Currentzis ist am Ende ein weiteres Beispiel für einen führenden Musiker, der jahrelang vom System Putin profitiert hat und dessen persönliche und finanzielle Bande es nicht mehr zuzulassen scheinen, sich klar zu positionieren. Den SWR dürfte dieser Fall noch lange begleiten. Hätte die Sparkasse doch vor drei Wochen einfach übernommen!