David Cope

David Cope

Dave and Emily

von Ruth Renée Reif

8. November 2020

David Cope ist Komponist und ein Pionier im Experimentieren mit Künstlicher musikalischer Intelligenz und Kreativität. Bereits in den 1980er-Jahren entwickelte er Programme zum Komponieren von Musik.

Kann ein Compu­ter­pro­gramm kompo­nieren wie ein Mensch? David Cope ist davon über­zeugt. Er ist Kompo­nist, emeri­tierter Professor der Univer­sity of Cali­fornia in Santa Cruz und ein Vorreiter im Program­mieren von Soft­ware zum Kompo­nieren von Musik. 1983 entwi­ckelte er das Programm EMI – Expe­ri­ments in Musical Intel­li­gence, mit dem sich Kompo­si­tionen im Stil von Bach, Mozart, Beet­hoven oder anderer Kompo­nisten erstellen lässt. 2005 model­lierte er mit Emily Howell musi­ka­li­sche Krea­ti­vität.

Aus der Sicht Copes bestand Kompo­nieren stets im Plagi­ieren. Alle Kompo­nisten würden über ein musi­ka­li­sches Gedächtnis bereits bestehender Werke verfügen. Ihr Können bestehe darin, das in dieser musi­ka­li­schen Daten­bank Vorhan­dene auf raffi­nierte Weise neu anzu­ordnen. Cope verweist auf Mozart-Sinfo­nien, die klingen wie Sinfo­nien von Haydn und bei genauem Vergleich in einzelnen Passagen in der Tat große Ähnlich­keit zeigen.

Die barocke Gene­ral­bass­be­zif­fe­rung – ein Algo­rithmus

So hält Cope auch seinen Ansatz, Musik mithilfe von Algo­rithmen zu kompo­nieren, nicht für eine neue Idee. Bereits im Mittel­alter habe Guil­laume de Machaut für seine Messen und Motetten mit soge­nannter Isorhythmie gear­beitet, also rhyth­mi­schen Struk­turen, die sich abschnitts­weise wieder­holten. habe mit seinen Fugen und Kanons eben­falls algo­rith­mi­sche Musik geschaffen. Und auch die barocke Gene­ral­bass­be­zif­fe­rung stelle einen Algo­rithmus dar. Schließ­lich erwähnt Cope noch die von Haydn und Mozart erstellten Anlei­tungen zum Kompo­nieren von Walzern mittels zweier Würfel.

Kompo­niert, als wäre es von Vivaldi: David Cope und sein Programm Emmy

Wie Cope in Inter­views betont, seien Algo­rithmen schritt­weise Anlei­tungen. Computer brauche man dafür nicht. Aller­dings stellten sie ein geeig­netes Werk­zeug für die Durch­füh­rung von Algo­rithmen dar. Und Cope erin­nert sich an das Heureka-Erlebnis, als sein Programm nach mona­te­langem Aufbau einer entspre­chenden Daten­bank eines Nach­mit­tags im Jahr 1983 auf Knopf­druck 5000 Bach-Choräle produ­zierte.

Die Geburt von Emmy

Das Programm EMI, liebe­voll „Emmy“ genannt, war geboren. Für den Algo­rithmus des Programms konnte Cope sogar das US-Patent #7696426 Recom­bi­nant Music Compo­si­tion Algo­rithm and Method of Using the Same erwerben. Wenn Emmy eine genü­gende Anzahl an Werken eines Kompo­nisten zur Verfü­gung hat, ist sie in der Lage, diese zu zerlegen, die charak­te­ris­ti­schen Bestand­teile zu iden­ti­fi­zieren und auf neue Weise zusam­men­zu­setzen.

David Cope 1995
Kompo­nieren unter Verwen­dung von Soft­ware-Tools: David Cope 1995 in seinem Arbeits­zimmer

1993 veröf­fent­lichte Cope das Album „Bach by Design“, gefolgt von Alben wie „Clas­sical Music Composed by Computer”, „Virtual Mozart“, „Virtual Rach­ma­ninoff“ sowie „Beet­hoven – Symphony No. 10“. Cope betrachtet diese Werke jedoch nicht als vom Computer kompo­niert. Er betont viel­mehr, dass er als Mensch diese Musik geschaffen habe, unter Verwen­dung seiner Soft­ware-Tools. Das Programm sei seinen Anwei­sungen gefolgt. Und er habe ausge­wählt, welche der erstellten Kompo­si­tionen bestehen bleiben sollten und welche er lösche.

David Cope: Virtual Mozart

David Cope: „Virtual Mozart“, als Album vergriffen, in Premium-Sound­qua­lität anhören (exklusiv für Abon­nenten)

David Cope: Virtual Rachmaninoff

David Cope: „Virtual Rach­ma­ninoff“, als Album vergriffen, in Premium-Sound­qua­lität anhören (exklusiv für Abon­nenten)

Enttäuscht zeigt sich Cope darüber, dass die meisten dieser Kompo­si­tionen nicht nach­ge­spielt wurden und nicht Eingang in Konzert­pro­gramme fanden. Auch hatte er ursprüng­lich gedacht, die Anwen­dung von Algo­rithmen in Compu­tern werde die musi­ka­li­sche Welt im Sturm erobern. Tatsäch­lich erfolgt die Verän­de­rung nur langsam.

In Zukunft Norma­lität – Kompo­nieren mit Compu­ter­pro­grammen

In seinem im Jahr 2000 erschie­nenen Buch Tech­ni­ques of the Contem­po­rary Composer betont Cope, dass es für ihn keines­wegs einen rich­tigen Weg zu kompo­nieren gebe, und auch einen Fort­schritt in der Kunst postu­liert er nicht. Über­zeugt ist er jedoch, dass das Kompo­nieren mit Compu­ter­pro­grammen in Zukunft zur Norma­lität gehören werde.

David Cope in seinem Arbeitszimmer 2016
David Cope im Jahr 2016 in seinem kali­for­ni­schen Arbeits­zimmer
(Foto: © Engadged)

2003 been­dete er sein Emmy-Projekt. Was ihn dazu bewog, war die Erkenntnis, dass zum Erleben eines Kunst­werks auch das Bewusst­sein von dessen Einzig­ar­tig­keit gehört. Die begrenzte Lebens­spanne eines Kompo­nisten bewirkt diese Einzig­ar­tig­keit. Emmy aber konnte eine nahezu unbe­grenzte Zahl neuer Werke hervor­bringen. So hörte Cope auf, Verviel­fäl­ti­gungen im histo­ri­schen Stil zu schaffen.

Prälu­dium aus: David Cope: „From Dark­ness, Light“, voll­ständig in Premium-Sound­qua­lität anhören (exklusiv für Abon­nenten)

Mit seinem nächsten Projekt ging er 2005 einen Schritt weiter. „Emily Howell“, sein neues Programm, model­lierte musi­ka­li­sche Krea­ti­vität. Cope konzi­pierte es als virtu­elle Kompo­nistin. Diese ist in der Lage, inter­aktiv auf ihren Anwender zu reagieren und ihm die Illu­sion zu vermit­teln, sie verfüge über Intel­li­genz. „From Dark­ness, Light“ war 2009 der Titel des ersten Albums mit einer Kompo­si­tion, die Cope mit Emliy Howell geschaffen hatte. Gespielt wurde das sechs­sät­zige Werk auf zwei Klavieren.

>

Weitere Informationen zu David Cope unter: artsites.ucsc.edu 

Und weitere Beiträge zum Thema Komponieren mit Computerprogrammen auf CRESCENDO.DE:
Die Komponistin Carlotta Rabea Joachim hat Apps zum Komponieren getestet.

Fotos: Aus einem Video des Computer History Museum, Mountain View, California, US