Donaueschinger Musiktage
Orgie nervöser Lustigkeit
von Ruth Renée Reif
9. Oktober 2021
Die Donaueschinger Musiktage beginnen am 14. Oktober 2021 ihre Jubiläumsausgabe und blicken zurück auf 100 Jahre wechselvolle Geschichte.
Die Donaueschinger Musiktage feiern ihr 100. Jubiläum. Sie sind das älteste Festival Neuer Musik. Der Festivalleiter Björn Gottstein nennt es ein „Brennglas“ und erinnert an die Aufführung von György Ligetis Orchesterwerk Atmosphères. „Wie schaut man zurück in einem Festival, das immer nur nach vorne blickt?“, fragt er.
Der Beginn stand nicht unter dem Schirm des Rundfunks, sondern von Max Egon zu Fürstenberg. „Der Fürst war von seinem Musikdirektor, einem zähen kleinen schwäbischen Aufsteiger namens Heinrich Burkhard, zu dem Unternehmen überredet worden“, wie Ernst Krenek in seinen Erinnerungen festhält. Er nahm an den ersten Kammermusiktagen teil. Und er berichtet, wie eng das Verhältnis von Paul Hindemith zu dem Fürsten war, bis er feststellte, dass man die Musiker zum Dienstboteneingang brachte.
Krenek erlebte das Festival als „Orgie nervöser Lustigkeit“. Das erste Konzert fand am Sonntag, den 31. Juli 1921, vormittags um 11:30 Uhr in der Festhalle statt. Richtungskämpfe bestimmten den Beginn. 1935 übernahm die NS-Kulturgemeinde Reichsamt Berlin „das Protektorat über die ‚Neue Deutsche Volksmusik Donaueschingen‘“. Nach dem Krieg erschwerten abermals Querelen und vor allem Geldmangel den Neuanfang, bis 1950 der Südwestfunk mit Geld und programmatischen Ideen einstieg. Im Jubiläumsprogramm erklingt ein Streichquartett aus dem Jahr 1921 und fordert heutige Komponisten dazu auf, musikalisch darauf zu reagieren. Zudem erscheint, herausgegeben von Gottstein und Michael Rebhahn, unter dem Titel Gegenwärtig ein Rückblick auf 100 Jahre Donaueschingen.
Konzerttermine und weitere Informationen zu den Donaueschinger Musiktagen 2021 unter: www.swr.de
Weitere Informationen zu dem von Björn Gottstein und Michael Rebhahn herausgegebenen Rückblick Gegenwärtig unter: CRESCENDO.DE