Hiyoli Togawa
Ein Klang wie Schokolade
von Corina Kolbe
9. Februar 2018
Für die junge Bratscherin ist das Spiel auf ihrem Instrument wie nach Hause zu kommen. Darüber hinaus tanzt und malt sie leidenschaftlich.
Für die junge Bratscherin Hiyoli Togawa ist das Spiel auf ihrem Instrument wie nach Hause zu kommen. Darüber hinaus tanzt und malt sie leidenschaftlich.
Über ihr Instrument spricht Hiyoli Togawa wie über einen guten Wein. „Der Klang der Bratsche hat etwas Urwüchsiges, Erdiges. Manchmal schmecke ich sogar Schokolade heraus.“ Das Musizieren führe sie mit allen Sinnen zur Natur zurück, selbst mitten in einer Großstadt. Neben Trommeln und Marimbas sitzen wir in dem geräumigen, schallgedämpften Studio in Berlin, das sie sich mit ihrem Ehemann, dem Schlagzeuger Alexej Gerassimez, teilt. „In dieser Stadt muss man sich ständig neu erfinden. Hier werden genau die Energien freigesetzt, die wir für unsere kreative Arbeit brauchen.“
Togawa, die als Tochter eines Japaners und einer Australierin in Düsseldorf aufwuchs, entdeckte als Teenager ihre Leidenschaft für die Bratsche. Wenn die Eltern, beide professionelle Musiker, nicht zu Hause waren, holte sie heimlich ein Instrument ihres Vaters hervor. „Vorher hatte ich Geigenunterricht, der mich allerdings nicht besonders begeisterte. Als ich dann zum ersten Mal die Bratsche in die Hand nahm, hat mich der dunklere Klang der C‑Saite sofort fasziniert. Ich erinnere mich noch genau an die Schwingungen, die plötzlich durch meinen Körper hindurchgingen.“
An der Kölner Musikhochschule erhielt sie bei Rainer Moog und Antoine Tamestit den nötigen technischen Schliff, bevor sie ihre Studien in Belgien beim Artemis Quartett und anschließend bei Hariolf Schlichtig in München fortsetzte. Togawa tritt inzwischen als Solistin und Kammermusikerin in Europa und Asien auf, manchmal gemeinsam mit ihrem Mann, der als Percussionist ebenfalls international gefragt ist. Im vergangenen August hat sie in Lappland ein Solostück uraufgeführt, das der finnische Komponist Kalevi Aho für sie geschrieben hat. Beim Label Naxos erscheint im Januar ihr Debütalbum mit frühromantischen Viola-Sonaten von George Onslow und Felix Mendelssohn Bartholdy sowie sechs Nocturnes von Johann Wenzel Kalliwoda, die sie mit der Pianistin Lilit Grigoryan aufgenommen hat.
„Das Klangspektrum der Bratsche vereint unterschiedliche Pole, die Höhen und Tiefen des Lebens. Immer wenn ich mein Instrument spiele, habe ich das Gefühl, nach Hause zu kommen“, sagt Togawa. „Auf diese Reise in mein eigenes Inneres möchte ich das Publikum mitnehmen. Dieser Wunsch gibt mir überhaupt erst den Antrieb dazu, in unserer Zeit Musik zu machen.“
Einige Jahre lang musizierte die umtriebige Künstlerin im Quartett, bevor sie neue Herausforderungen suchte. „Allein schon wegen meiner multikulturellen Herkunft habe ich so viele unterschiedliche Seiten, dass mir die Kammermusik als Ausdrucksmittel nicht ausreicht.“ Nach dem Turniertanzen, dem sie sich früher intensiv widmete, spielt inzwischen die Malerei in ihrem Leben eine immer wichtigere Rolle. „Ein technisch anspruchsvolles Programm zu präsentieren, ist nicht alles. Die Zuhörer wollen vor allem erfahren, was uns als Musiker innerlich bewegt. Man muss echt sein“, ist sie überzeugt. „Ich könnte mir beispielsweise ein Projekt vorstellen, das Bogenstriche mit Pinselstrichen oder mit Tanz zusammenbringt. Auch das wäre ein Teil meines Ichs.“