Elisabeth Kufferath & Kiveli Dörken
Ein Wutausbruch mit minutenlangem Tremolo
von Ruth Renée Reif
11. April 2020
Elisabeth Kufferath und Kiveli Dörken geben am 13. April 2020 aus der Villa Seligmann in Hannover ein Live-Konzert. Mit ihrem Programm schlagen sie einen Bogen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
Elisabeth Kufferath und Kiveli Dörken geben am 13. April 2020 um 17 Uhr MEZ aus der Villa Seligmann in Hannover ein Live-Konzert. Mit ihrem Programm schlagen sie einen Bogen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart, während sie durch die Auswahl der Stücke zugleich die Auseinandersetzung mit früheren Epochen der Musikgeschichte einbeziehen. Dorn Music präsentiert mit dieser Première einen neuen Streamingkanal für Kammermusikkonzerte. Die Eintrittskarten sichern die Gagen für die Musikerinnen.
Ein Haus der jüdischen Musik und Kultur: die Villa Seligmann in Hannover
(Foto: © Manfred Zimmermann)
Am Beginn des Konzerts steht Felix Mendelssohn Bartholdys frühe Sonate für Geige und Klavier op. 4, die Mendelssohns Begeisterung für Beethoven reflektiert. Luciano Berio vertritt die Überzeugung, „dass nichts, was gemacht worden ist, an sich jemals beendet ist. Das beendete Werk ist auch die Tatsache und der Kommentar eines vorhandenen Materials, eines anderen, das existieren wird…“ Das gilt nicht nur für seine eigenen Werke. Alle Werke bilden am Ende „Material“ für folgende Komponistengenerationen.
Ausdruckskraft und Virtuosität
Führt Instrument und Interpret an seine Grenzen: Luciano Berio
In seiner Serie „Sequenze“, mit der er sich 40 Jahre lang befasste, lotet Berio jeweils die Möglichkeiten und Grenzen eines Instruments aus. Eine „Sequenz harmonischer Felder“ bildet dabei die Grundlage. Elisabeth Kufferath widmet sich Sequenza VIII für Solo-Geige auf dem Jahr 1976⁄77, deren Ausdruckskraft und Virtuosität sie seit Jahren faszinieren. Als „riesigen Wutausbruch von Berio“ beschreibt sie das Stück, das mit minutenlangem Tremolo in dreifachem Forte auf vier Saiten gleichzeitig auch den Interpreten an seine Grenzen führt.
Schätzt die Brillanz des Geigenklangs und die dunkle Schönheit der Bratsche: Elisabeth Kufferath
(Foto und Foto oben: © Giorgia Bertazzi)
Elisabeth Kufferath, die die Brillanz des Geigenklangs ebenso schätzt wie die dunkle Schönheit der Bratsche, misst der Neuen Musik einen wichtigen Stellenwert bei. Jan Müller-Wieland, Thorsten Encke, Johannes X. Schachtner schrieben für sie. Außerdem arbeitete sie mit den Komponisten Moritz Eggert, Zeynep Gedizlioglu, Helen Grime, Ling-Hsuan Huang, Libby Larsen, Georges Lentz, Manfred Trojahn und Jörg Widmann.
Verehrung für die Meister der Vergangenheit
Bringt seine Verehrung für Johann Sebastian Bach in einer musikalischen Hommage zum Ausdruck: György Kurtág
(Foto: © Christoph Egger / ECM)
György Kurtág setzt sich intensiv mit anderen Komponisten auseinander, seien es Zeitgenossen oder Meister der Vergangenheit. Mit zahlreichen Hommagen fängt er die Essenz ihres Schaffens ein und bringt seine Verehrung zum Ausdruck. Seine Hommage à J.S.B. setzt Kufferath mit weiteren Miniaturen auf das Programm.
Betont das humane Anliegen seiner Musik: Ernest Bloch
Ernest Bloch nahm viele stilistische Elemente, vorwiegend aus der jüdischen Musik, in seine Kompositionen auf. Er betonte immer wieder das humane Anliegen seiner Musik, die von entsprechend starker emotionaler Ausdruckskraft geprägt ist. Elisabeth Kufferath spielt seine Solosuite für Geige, die sie als „reich an romantischen Harmonien und rhapsodischen Gesten“ beschreibt.
Nur noch für Spaß
„Die Zeiten heute sind ungewöhnlich und unvorhersehbar.“, sagt die Pianistin Kiveli Dörken
(Foto: © Giorgia Bertazzi)
Zum Abschluss kommt abermals die Pianistin Kiveli Dörken auf die Bühne. Sie widmet einen bedeutenden Teil ihrer Konzerttätigkeit der Kammermusik und tritt regelmäßig mit Künstlern wie Christian Tetzlaff, Sharon Kam, Florian Donderer und Tanja Tetzlaff auf. Mit ihrer Schwester, der Pianistin Danae Dörken verbindet sie ein festes Duo. 2015 gründeten die beiden Schwestern das Molyvos International Music Festival (MIMF) auf der griechischen Insel Lesbos.
Gibt dem Konzert „ein zuversichtliches Ende“: Elisabeth Kufferath
(Foto: © Giorgia Bertazzi)
Mit Johannes Brahms« Sonate Nr. 1 op. 120 haben Kufferath und Kiveli einen offenen Schluss für ihr Konzert gewählt. Brahms komponierte diese Sonate drei Jahre vor seinem Tod, als er sein Lebenswerk bereits als abgeschlossen ansah und nur noch „für seinen Spaß“ schreiben wollte. So weist die Sonate, die die greise Clara Schumann als „Chaos“ empfand, bereits in die Zukunft der Musik. „Ein zuversichtliches Ende“, meint Elisabeth Kufferath.
Die Eintrittskarten für das Konzert kosten Euro 25,- und sind über www.qchamberstream.com buchbar.
Mit dem Erwerb der Eintrittskarte kann das Konzert einmalig, entweder LIVE am 13. April 2020 um 17 Uhr MEZ erlebt werden oder im Verlauf einer Woche über den Streamingkanal.
Aufnahmen von Elisabeth Kufferath und Kiveli Dörken in der NML.
Als Dank, dass Sie auch angesichts der Corona-Krise an die Musik glauben, können Sie bis Ende Mai 2020 kostenfrei in der NML hören. Registrieren Sie sich unter: crescendo.de